Auf Entdeckungstour in Südfrankreich
Am Bahnhof in Straßburg kaufe ich mir wie immer zuerst ein Pain au Chocolat. Nur wenige Kilometer trennen meine Heimatstadt von Frankreich und trotzdem habe ich in Deutschland noch kein Schokocroissant gefunden, das so gut schmeckt wie im Nachbarland. Ich setze mich auf den Bahnhofsvorplatz und genieße ein paar Minuten die Sonne, bevor ich mich zu meinem Gleis aufmache.
Malerisches Aix-en-Provence
Mein Sitznachbar bearbeitet mit seinem Laptop auf dem Klapptisch selbst geschossene Naturfotos, während wir an der französischen Landschaft vorbeirauschen. Strahlend gelbe Rapsfelder leuchten in der Sonne, wir fahren an kleinen Dörfern mit hübschen Kirchtürmen vorbei, an weißen Kühen und weiten Feldern. Im Laufe der Zeit verändert sich schleichend die Landschaft. Ich entdecke immer mehr Zypressen und Pinien, es wird bergiger und felsiger, die Farben werden erdiger, wärmer. Ich liebe die Farben der Provence. Der TGV-Bahnhof von Aix-en-Provence begrüßt seine Gäste mit der Aussicht auf die weite provenzalische Landschaft. Ich fahre mit dem Bus in die Stadt und schlendere schon bald über den Cours Mirabeau, eine von Platanen gesäumte Flaniermeile. Umgeben von Beigetönen, die die Stadt wie mit einem Filter zu belegen scheinen, trinke ich einen Café au Lait und beobachte die Menschen. Sie sehen hier schicker aus als anderswo: viele weiße Hemden und Hosen, Tücher und lange Sommerkleider. Zu Abend esse ich in der Fromagerie du Passage, hierher kommen viele echte Aixois. Das Essen ist vorzüglich, auf der Dachterrasse wächst Basilikum in einem kleinen Beet und eine Girlande aus Glühbirnen sorgt für die passende Stimmung.
Ein Gang durch die Altstadt
Am nächsten Tag erkunde ich die pittoresken Gassen der Altstadt, laufe vorbei an Boutiquen und dem nach Gewürzen duftenden Markt.
Am Stadtrand führt ein Weg bergauf zum Terrassengarten Terrain des Peintres. Die Luft ist warm und weich, erfüllt mit Pinienduft.
Zwischen den Häusern erscheint hin und wieder die berühmte Montagne Sainte-Victoire, ein Kalksteingebirge in der Nähe von Aix. Der Terrain des Peintres ist paradiesisch. Die Sonne scheint, Blätter rauschen, eine leichte Brise weht. Eine Frau sitzt auf einer Steinmauer und malt mit Aquarellfarben den Berg Sainte-Victoire, der unwirklich in die Landschaft ragt. Ich frage mich, ob sie öfter herkommt, wie der Maler Cézanne, der die Sainte-Victoire mehr als 80-mal malte. Zu seinen Lebzeiten belächelten die Leute in Aix ihn dafür, der Museumsdirektor schwor sogar, nie ein Bild von ihm aufzunehmen. Heute gilt der Maler als Wegbereiter der Moderne und das Museum wirbt mit den Werken Cézannes.
Ich spreche die malende Frau an: Ihr Bild sei schön, ob sie oft herkomme. Sie schaut mich fragend an. Eine jüngere Frau eilt herbei und erklärt, ihre Mutter spreche weder Französisch noch gutes Englisch, sie sei vor dem Krieg in der Ukraine zu Freunden nach Marseille geflohen. In ihrer Heimat habe sie als Künstlerin gearbeitet. Die Tochter selbst ist Pianistin in New York und flog nach Frankreich, um ihren Eltern beizustehen. Gleich nimmt die Familie an einer Führung durch Cézannes ehemaliges Atelier teil, genau wie ich, wenngleich zu einer anderen Zeit. Wir verabschieden uns fürs Erste. Inmitten einer Sammlung aus Gegenständen, die Cézanne einst in seinen Stillleben verewigte, fällt mein Blick auf drei Totenköpfe, einen grünen Oliventopf und eine kleine Kinderfigur aus Gips. Später, im großen Garten des Ateliers, treffe ich die ukrainische Familie wieder. Die Tochter und ich vernetzen uns auf Facebook, wo ich weitere Kunstwerke der Mutter entdecke: die provenzalischen Berge, die Hafenstadt. Cassis und den Hafen von Marseille, eingefangen in bunten Acryl- und Wasserfarben. Malen sei alles, was ihre Mutter gerade tun könne, sagt die Tochter. Ihre Worte begleiten mich durch die nun paradox schön wirkende Altstadt und weiter zum Bahnhof. Mein nächster Halt ist Marseille.
Marseille – Hafenstadt mit maghrebinischen Einflüssen
Bis nach Marseille ziehen eine Dreiviertelstunde lang Pinien über Pinien, Palmen und hügelige Dörfer mit orangefarbenen Dächern vor dem Zugfenster vorbei. Kurz vor Marseille kommt das strahlend blaue Meer zum Vorschein und der Blick weitet sich bis zum Horizont. Der belebte alte Hafen ist nur eine kurze Metrofahrt entfernt. Eine Straße weiter beziehe ich mein Zimmer im Hotel Carré. Am nächsten Morgen laufe ich zum Markt in der Rue du Marché des Capucins im Viertel Noailles, dem Zentrum der maghrebinischen Gemeinschaft von Marseille. Die Rue Rodolphe Pollak erzeugt das Flair von Marokko. Bis zur Decke gefüllte Läden und Verkaufsstände säumen die mit Menschen gefüllte Gasse. Der Anblick von Datteln, Oliven, bunten Gewürzen, frischem Fisch und arabischem Gebäck macht augenblicklich Appetit…
Die ganze Geschichte lesen Sie in Ausgabe 04 – »Sommerfrische«
Zugreise durch Frankreich: Auf Schienen vom Lac Léman bis zur Loire
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