Von Oakland nach Los Angeles

Mit dem Coast Starlight entlang der Westküste

Text & Fotos: Klaus Kurre
Nachdem ich einmal mehr in San Francisco gearbeitet hatte, kam es mir in den Sinn, dass ich mich bisher nur sehr wenig mit dem Zug in der Neuen Welt bewegt hatte. Ich wusste, dass es einige berühmte Ost-West-Verbindungen gab, und war auch einige Male mit dem Mount Baker International von Seattle nach Vancouver oder den Korridor zwischen Montreal und Toronto Zug gefahren. Nun in San Francisco aber hatte ich die Wahl:
Zugreisen

Der Coast Starlight war 1971 bewusst in Betrieb genommen worden, um die Nord-Süd-Anbindung der großen Ost-West-Strecken zu erweitern und somit quasi eine kontinentale Rundreise zu ermöglichen. Sollte ich also nach Norden zu meinem Bruder in Portland, Oregon oder nach Süden zu Freunden in Los Angeles fahren?
Als ich mir den Streckenverlauf genauer besah, war schnell klar: Es musste in den Süden gehen, wo die Gleise um Santa Barbara herum offenbar direkt am Meer entlangführten und spektakuläre Eindrücke versprachen.
Das Zug-Ticket erwarb ich online. Am nächsten Morgen machte ich mich nach Oakland auf, um dort dem aus Seattle eintreffenden Zug zuzusteigen. Der Bahnhof war nach einem der bekanntesten Söhne der Stadt, Jack London benannt, und ich musste einmal mehr feststellen, dass die neueren Bahnhöfe so ganz anders aussehen als in Europa. Manchmal würde man sie kaum als solche einzuordnen wissen, wären da nicht irgendwo eine Wartehalle und Gleise, wobei Letztere auch häufig unter der Erde liegen und der ganze Bahnhof dann eher an ein normales Einkaufszentrum erinnert.

Der Passagier - Coast Starlight
Der Passagier - Coast Starlight
Zugschienen
Ankunft des Zuges am Jack London Square in Oakland, Kalifornien.

Als ich nun in Oakland stand und wartete, ließ mich ein Blick auf den Gleiskörper zunächst etwas erschrecken: genagelte Schienen. Ich konnte mich nicht erinnern, so etwas in Europa jemals irgendwo, außer auf stillgelegten Strecken gesehen zu haben. Unverschweißte Schienen gibt es noch des öfteren, aber mit einfachen Hakennägeln befestigte? Und das bei Schienen, die augenscheinlich von 1994 waren? Langsam dämmerte mir, warum diese Reise so lange dauern sollte.

Historischer Waggon der Northwestern Pacific Railroad Compan
Historischer Waggon der Northwestern Pacific Railroad Company.

Kaum war der Zug eingetroffen, erschienen einige lustige Gestalten in teilweise historischen Gewändern auf dem Bahnsteig, darunter auch eine Dame mit Straußenfeder im Hut. Warum wurde mir klar, als ein historischer Waggon der Northwestern Pacific Railroad Company an die modernen Waggons des Coast Starlight angehängt wurde: Da hatten sich offenbar einige betagte und sicherlich auch gut betuchte Eisenbahn-freunde zusammengetan, um sich ihren Traum zu erfüllen, den schönsten oder zumindest spektakulärsten Teil der Strecke gemeinsam in historischem Ambiente zu verbringen.

Wie wird es uns in 20 oder 30 Jahren ergehen? Gibt es diese Art des Reisens dann überhaupt noch und die jetzige Streckenführung? Schon seit einigen Jahren wird an dieser Strecke ganz offensichtlich kaum noch etwas gemacht, obwohl sie zu den lukrativsten des Landes gehört. Wie sehen die Waggons der Zukunft wohl aus, wenn die jetzt modernen ihrerseits als historisch gelten dürften?

Unterwegs im Coast Starlight

Immer mit der Ruhe

Als das Koppelmanöver vollendet war, ging es endlich los. Man richtete sich auf seinem Sitzplatz ein und ich war froh, dass der Zug nicht ausgebucht war und mein Nebensitz frei blieb, denn schließlich sollte diese Fahrt über gerade einmal 600 Kilometer gute zwölf Stunden dauern. Die Mitreisenden waren ein sehr gemischtes Publikum: Großeltern mit ihren Enkeln auf Entdeckungsreise, Familien, die irgendein Geburtstagsgeschenk einlösten, Eisenbahnfreunde und -veteranen und natürlich auch neugierige Studenten oder des Fliegens und Autofahrens überdrüssige Touristen. Ein Zug jedenfalls, in dem ganz sicher niemand saß, der es eilig hatte. Und das ist auch gut so, denn man nennt den Zug nicht umsonst auch gerne „Coast Starlate“.

Nichts dergleichen jedoch heute, denn bisher waren wir pünktlich und es ging zunächst zwar durch hässliche Vororte mit den üblichen Industriebrachen und Obdachlosencamps hinter Bretterzäunen, die Einwohner vor Zuglärm, aber eben auch vor dem Anblick sozialer Spannungen schützen. Hinter San José folgten aber nur noch vereinzelt Siedlungen und wir gelangten schließlich in die Berge, wo sich ab und zu ein Blick landeinwärts auf den ebenfalls nach Los Angeles führenden Highway 101 ergab. Hinter Watsonville fuhren wir durch flaches, intensiv bewirtschaftetes Ackerland und in Salinas sahen wir am Welcome Center einige historische Waggons und eine Dampflok, wie es sie hier des öfteren an den Bahnhöfen gab.
Aber dann ging es wirklich in die Prärie und ich bin in den Speisewagen gegangen, um eine Kleinigkeit zu essen. Die Speisekarte bietet neben Frühstück, Mittag- und Abend­essen auch Kindermenüs, das Essen wird frisch zubereitet und man bekommt auch ein Bier oder ein Glas Wein dazu. Außerdem bietet sich im Speisewagen die beste Gelegen­heit, sich mit anderen Fahrgästen auszutauschen und so sitze ich tatsächlich bei einer Großmutter, die ihrem Enkel das Zugfahren schmackhaft machen möchte – sicher kein leichtes Unterfangen, wenn man die gleiche Strecke in der halben Zeit mit dem Auto fahren könnte. Aber da hat man eben nicht immer wieder diese wunderbaren Aussichten.

Coast Starlight - Speisewagen
Der Speisewagen bietet die beste Gelegenheit, sich mit anderen Fahrgästen auszutauschen.
Passagier - Coast Starlight
Im Panoramawagen entlang der Küste

Wunderbare Aussichten

Nach dem Essen zieht es mich dann in den Panoramawagen und ich genieße von hier aus den nun beginnenden, meines Erachtens schönsten Teil der Strecke. Nachdem wir an Paso Robles vorbeigefahren sind und das eine und andere Weingut gesehen haben, näherten wir uns der Kleinstadt San Luis Obispo, die mit ihren knapp 50.000 Einwohnern aus der Gründung einer spanischen Mission hervorgegangen ist und zum Verweilen einlädt. Doch leider fuhr der Zug nach kurzem Zwischenhalt schon weiter und wir näherten uns endgültig der Küste. Nun ging es wirklich am Wasser entlang und der Horizont wollte kein Ende nehmen. Zunächst direkt nach Süden, wo wir die Vandenberg State Marine Reserve passierten und mehrere Raketen-Startrampen im Nebel sahen.

Passagier - Coast Starlight
Coast Starlight - Panoramawagen
Passagier - Coast Starlight
Passagier - Coast Starlight
Impressionen aus dem Panorama­wagen des Coast Starlight.

Dann aber fuhren wir ab dem Point Conception direkt nach Osten weiter, der Nebel hatte sich aufgelöst und wir hatten das warme Licht der Nachmittagssonne im Rücken. Hier gab es einige der schönsten Aussichten der ganzen Strecke – die Gleise führten direkt am steilen Abhang entlang oder über Brücken, die Flüsse, einsame Buchten und Strände überspannten, man sah vereinzelte Hütten oder auch Wohnwagen und einen mal schmalen, mal breiter werdenden, schier endlosen und menschenleeren Strand.

Ab Santa Barbara ging es dann aber wieder etwas landeinwärts. Wir fuhren im Bogen in Richtung Los Angeles, die üblichen Vororte passierend, wenngleich weniger trostlos, um gegen 22 Uhr mit nur einer knappen Stunde Verspätung an der Union Station anzu­kommen. Eine lange Reise für nur 600 Kilometer, aber mit so vielen Eindrücken, wie es eben nur auf einer solchen Strecke möglich ist. Ich jedenfalls sank in einen blei­schweren Schlaf, nachdem meine Freunde mich empfingen und wir uns ob meiner Müdigkeit nur kurz besprochen hatten und uns für ein umso ausführlicheres Frühstück verabredeten.

BUCHUNG

Wie buche ich meine Reise mit dem Zug durch die USA?

Das Freiburger Spezial-Reisebüro Gleisnost bietet Ihnen alle Möglichkeiten und sämtliche Komponenten, die USA kennenzulernen:
Den Flug, alle Amtrak-Zugverbindungen quer durch die USA, Mietwagen oder Camper-Urlaub. Auch zu Unterkünften an Ihrem Wunschort oder einer mehrtägigen, geführten Reise beraten Sie die Experten von Gleisnost kompetent. Das Reisebüro erstellt individuelle Reiseangebote.

Ihr Spezialist für Nordamerika-
Reisen bei Gleisnost:
Daniel Trogus
daniel.trogus@gleisnost.de
www.gleisnost.de