Eine Stunde in... KÖLN
Köln ist sicher einer der Orte, wo es am leichtesten fällt, eine Stunde bis zum nächsten Anschluss zu überbrücken. Allein die Architektur des Bahnhofs lädt zum Verweilen und Fotografieren ein, und die Eingangshalle von 1957 ist insbesondere bei Nacht ein echter Hingucker. Auch die Ende der 90er Jahre geschaffene Überdachung der Bahnsteige an der Südseite bietet eindrucksvolle Motive.
Aber vielleicht wollen Sie lieber an den Rhein? Dann gehen Sie am besten über die Domplatte links am Alten Wartesaal von 1915 vorbei in Richtung Museum Ludwig. Wundern Sie sich jedoch nicht, wenn Sie, dort vorbeigehend, von Mitarbeitern der Philharmonie „vertrieben“ werden. Tatsächlich stellte sich nach Fertigstellung der darunterliegenden Konzerthalle heraus, dass man das „Getrappel“ der Fußgänger bis in den Konzertsaal hinein hören kann, weshalb man sich entschloss, den Bereich während der Konzerte für Fußgänger zu sperren.
Sie stehen jetzt am Brückenkopf der Hohenzollernbrücke und sehen – vielleicht ein wenig hinter dem Herbstlaub versteckt – ein gewaltiges Reiterstandbild vor sich. Links daran vorbei gelangen Sie auf die Brücke mit ihren abertausenden von Liebesschlössern. Nachdem die Bahn zunächst begonnen hatte, dieser Mode Einhalt gebieten zu wollen und sie – aus Gründen der Statik – immer wieder entfernte, hat sie nun eingesehen, dass es da wohl kein Problem gibt. Und so ist es nun tatsächlich eine echte Touristenattraktion geworden.
Rechts am Reiterstandbild vorbei, gelangen Sie aber nun wirklich an den Rhein und können dem Treiben der Frachtschiffe, Schubverbände und Rheinfähren zusehen, sich mit einem Kaffee in der Hand in die Sonne setzen oder den Sportlern zuschauen.
Wenn Sie das alles aber schon kennen und die Zeit lieber nutzen möchten, um etwas wirklich außergewöhnliches zu essen, dann folgen Sie dem Ratschlag meines Freundes Volker, der, als ich ihm von meinem Plan nach Köln zu fahren erzählte, nur sagte: „Dann geh‘ zu Max Stark und iss ein Kotelett!“ „Kotelett?“, sagte ich, „das sind doch diese trockenen Schweineknochen mit halbverbrannten Fleischresten dran… Nein danke, da kann ich mir etwas Besseres vorstellen.“ Als er aber insistierte, war ich dann doch neugierig geworden, denn „schlechte“ Koteletts passten definitiv nicht zu Volker… so gut kannten wir uns.
In Köln angekommen hatte ich – handyseidank – längst ausbaldowert, wie ich es zu Max Stark schaffen würde. Zu Fuß gerade einmal 700 m, ist das also auch mit Rollkoffer zwar mühsam, aber kein Problem, und eigentlich geht es auch nur geradeaus, wenn man den Bahnhof zur Nordseite verlässt, also nicht beim Dom. Und… der Weg lohnt sich! Oder, um mit Michelin zu sprechen: „Ça vaut le détour“, – das ist selbst einen Umweg wert!
Und da stand es auch schon vor mir, das Eckhaus. Zweigeschossig zwar, erinnerte es mich trotzdem an mein ehemaliges Aachener Büro, das auch im Erdgeschoss einer zerbombten, ehemaligen Wirtschaft gelegen hatte. Kaum eingetreten – es war gerade Mittagszeit – kam auch schon ein Köbes und brachte mich an einen leeren Tisch… natürlich zusammen mit dem ersten Stängsche. In Köln muss man da aufpassen. Aber es war sommerlich warm und eines muss man den Kölnern lassen: Sie servieren ihr Bier zwar nur in homöopathischen Dosen (0,2l), aber dafür ist es stets frisch und kühl!
Nachdem ich also Platz genommen hatte, studierte ich die Karte und sah es auch sofort. Platz eins unter den Hauptgerichten. Das muss etwas zu bedeuten haben. Als der Köbes dann wieder kam, sagte ich nur: „Mein Kumpel, der Volker, sagt, ich müsse hier ein Kotelett essen. Haben Sie ein Kotelett für mich?“ Natürlich schaute der Köbes etwas scheps aus der Wäsche – meiner Sprache wegen sicher, und genauso, weil er natürlich den Volker nicht kannte. Aber, wie seinesgleichen nie um ein Wort verlegen, sagte er nur: „Natürlich haben wir ein Kotelett, aber es gibt da ein Problem“. „Ein Problem?“, fragte ich. „Ja“, sagte er. „Das Kotelett hat eine Garzeit von gut 45 Minuten.“ „OK,“ antwortete ich, „Dann haben wir kein Problem. Zumindest nicht so lange, wie Sie noch diese lustigen kleinen Biere servieren können.“ Das aber hatte ihm dann doch ein Lächeln entlockt und so kamen wir ins Geschäft. Den Rest der Geschichte können Sie sich denken. Anmerken darf ich lediglich: ich habe nie wieder ein auch nur annähernd gutes Kotelett gegessen. Bon Appetit!