Ästhetik, Kunst und Geschichte direkt am Wannsee
Max Liebermann, 1847 geboren, ist der wahrscheinlich bekannteste Vertreter des deutschen Impressionismus. Inspiriert von den französischen Impressionisten fand er dennoch zu seinem eigenen Stil und prägte die deutsche Kulturlandschaft maßgeblich, auch als Präsident der Berliner Secession – die Vereinigung deutscher Künstler, die sich als Gegenstück zur konservativen, akademischen Malerschule sah. Der umtriebige Künstler fand immer wieder zurück nach Berlin, seine Heimatstadt.
Im Juli 1909 erwarb er das damals letzte Wassergrundstück am Großen Wannsee, knapp 7000 Quadratmeter groß. Und auch hier bestimmte sein künstlerisches Auge. Architekt Paul Baumgarten baute ihm das dezent neoklassizistische Landhaus nach seinen Wünschen und das Gelände rundherum wurde passend zum Architektur-Stil angelegt.
Liebermann entwarf das Konzept für den Garten und erarbeitete sich in einem regen Briefwechsel und durch mehrere Ortsbegehungen mit dem Hamburger Museumsdirektor und Gartenreformer Alfred Lichtwark jedes Detail. Die Umsetzung seiner Vorstellungen erfolgte anschließend durch die Gartenbaufirma von Alfred Brodersen, dem späteren Stadtgartendirektor Berlins.
Ein kleiner Gartenrundgang
Und so kann man noch heute die Prinzipien der Gartenreformbewegung um 1900 bestaunen und immer wieder neue Elemente entdecken, je nachdem von welcher Richtung man in den Garten hineintritt und ob sich der Blick auf die Formen, Farben oder Art der Gewächse konzentriert. Wer sich mit Letzterem auskennt, wird entdecken, dass in Liebermanns Garten auch historische und selten gewordene Pflanzen, wie beispielsweise die Thitonie zu finden sind.
Ganz deutlich wird einem beim Spaziergang durch die Anlage auch, wie klar und durchdacht die Anordnung ist, es ergibt sich immer eine Sichtachse, meistens durch einen Weg und es entstehen Bezüge zwischen den unterschiedlichen Gartenbereichen.
Und so findet man vor dem Haus einen großen Staudengarten, mehrere Obst- und Gemüsegärten mit Kohl, Bohnen und Tomaten, die eine wunderschöne Lindenallee mit amüsant kastenförmig geschnittenen Kronen zum Vorplatz begrenzen.
Geht man um das Haus herum, schreitet man über eine langgezogene Terrasse, um dann eine tiefer gelegene Blumenterrasse zu erblicken, die in den Rasen hin zum Wannsee übergeht. Einen interessanten Rahmen bilden hier durch Buchsbaum gefasste Beete, eine Lindenhochhecke und Hainbuchenhecken. Diese „grünen Kammern“ sollen neugierig auf das machen, was sich hinter den Hecken verbirgt. Zudem durchzieht die Heckengärten ein gerader Weg, an dessen Anfang eine Bank steht. Lässt man sich auf ihr nieder, kann der Blick ungehindert durch die verschieden angelegten Heckengärten auf den Wannsee schweifen.
Spätestens bei dieser Aussicht versteht und dankt man heimlich Liebermann, dass er diesen Genuss nicht verbaute. Wobei der Künstler auch Glück und einen guten Riecher hatte. An der rechten Grundstücksgrenze gab es bereits vor dem Kauf des Grundstücks ein Birkenwäldchen, durch das Liebermann einen Weg zum Seeufer anlegen ließ. Einen weiteren Weg zum See pachtete er kurzerhand.
Liebermann hielt sein persönliches Paradies in über 200 Ölgemälden und Skizzen fest.
Was den Liebermannschen Garten auch so beeindruckend macht, ist die Formenvielfalt, die der Maler genüsslich umsetzte. Die zuvor erwähnten im Quadrat gepflanzten und quadratisch geschnittenen Linden stehen optisch dem ovalen Garten gegenüber, in dessen Zentrum tatsächlich ein rundes Blumenbeet liegt. Egal, aus welchem Blickwinkel man den Garten betrachtet, es ist immer nachvollziehbar, dass Liebermann in über 200 Ölgemälden und Skizzen sein persönliches Paradies festhielt. Denn es zeigt eine Ästhetik, die seinesgleichen sucht.
Hier verbrachte Max Liebermann 1934 zurückgezogen, von der Machtergreifung der Nationalsozialisten entsetzt (von Liebermann stammt der berühmte Ausspruch „Ick kann jar nich so ville fressen, wie ick kotzen möchte.“), seinen letzten Sommer mit seiner Frau Martha. Am 08. Februar 1935 starb er. Weder seine Witwe, noch weitere Familienmitglieder hielten sich danach in der Sommerresidenz auf. Zunächst kümmerte sich ein Gärtnerehepaar um den Garten, wobei in den folgenden Kriegsjahren nur noch das Obst und Gemüse geerntet wurde. Der Umgang mit der Umgestaltung und der Zwangsverkauf von Haus und Garten ab 1940 gehört zu den düsteren Kapiteln.
Bereits 1987 wurde der moderne Garten in die Gartendenkmalliste der Stadt eingetragen, das Haus folgte 1995 in das Baudenkmalbuch. Nach und nach wurde das Gelände nach den originalen Plänen und aufgrund der zahlreich vorliegenden Briefe und Luftaufnahmen in seinen Ursprungszustand zurückversetzt und als Museum eröffnet. 2002 ging das Anwesen endgültig an die Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin über.
Der Garten wurde am 10. April 2021 feierlich wiedereröffnet und lädt Gäste Samstags und Sonntags von 12 Uhr bis 18 Uhr ein.
Weitere Infos zu aktuellen Öffnungszeiten und Tickets auf www.liebermann-villa.de
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