Interview mit Aussicht

Im Gespräch mit „SimpleTrain“

Text: Karina Dinser-Nennstiel
Fotos: Andreas Wenck
Es ist Montagnachmittag und das Wetter meint es gut mit uns - bei Sonnen­schein und für den Monat März milden Temperaturen stehen wir am Ufer des Zürichsees und warten.
Der Passagier - Zugreisen

Wir sind in Richterswil gelandet. Der Ort markiert in etwa die Hälfte des 42 Kilometer langen Sees. Der Blick von hier gefällt uns außerordentlich gut. Gen Osten erheben sich stoisch hohe, schroffe Berge mit schneebedeckten Gipfeln, die zum Greifen nah erscheinen und von denen wir kaum den Blick abwenden können. Am anderen Ende des Sees liegt das geschäftige Zürich. Da steuert schon die Fähre dem Ufer entgegen, die zwei Passagiere mit sich führt, mit denen wir abgemacht haben, uns am Richterswiler Anleger zu treffen.

Blick über den Zürichsee
Im Gespräch mit SimpleTrain
Blick über den Zürichsee
Unsere Gesprächspartner vom Start-up „SimpleTrain“: Marius Portmann - Geschäftsleitung und Ticketbuchung (links); Austin Widmer - Geschäftsleitung und Kommunikation (rechts)
Herrliche Aussicht: Blick über den Zürichsee auf das schneebedeckte Gipfelpanorama der Alpen.

Grüezi! Wir begrüßen Marius und Austin vom Schweizer Start-up „SimpleTrain“.

Wir begrüßen Marius und Austin, mit denen wir uns hier verabredet haben. Der dritte Cofounder im Bunde, Linus, kann leider nicht dabei sein. Die jungen Männer sind Anfang Zwanzig, Studenten und haben findige Ideen, die sich um nachhaltiges Reisen drehen. Die zündende Idee zu ihrem Start-up „SimpleTrain“ hatte Marius Portmann, der mit dem Zugreisen aufgewachsen ist und es einfach liebt. Für ihn ist das Verreisen mit der Bahn ganz normal, weil seine Familie häufig mit dem Zug in den Urlaub gefahren ist. Als er 2019 in der Zeitung las, dass Bahnreisen nicht attraktiv sei, weil die Fahrkartenpreise vielen Leuten zu teuer sind und es außerdem kompliziert sei, Anbieter zu finden, um größere Distanzen ins Ausland zu buchen, wurde Marius Portmann hellhörig.

„Da begann ich selbst im Internet nach günstigen Bahnverbindungen zu suchen – mit Erfolg. Zunächst half ich Freunden und Bekannten, die mich um Hilfe baten, erschwingliche Zugverbindungen zu Destinationen außerhalb der Schweiz ausfindig zu machen“, erzählt Marius. Anfangs konnte man ihn über seine Facebook-Seite kontaktieren – die Mund-zu-Mund-Propaganda funktionierte bestens. Als die Anfragen zunahmen, erkannte er das Potential seines Geschäftsmodels, genauso wie zwei seiner besten Schulfreunde Austin Widmer und Linus Egli. Und so gründeten sie „SimpleTrain“.

„SimpleTrain“ bietet eine Plattform, auf der man ohne großen Aufwand – aber mit persönlicher Beratung – günstige und komfortable Reise­verbindungen mit dem Zug findet.

Das Ziel des jungen Start-up aus Zürich ist es, in der Schweiz eine einfache Plattform anzubieten, auf der man ohne großen Aufwand, aber mit persönlicher Beratung eine Reiseverbindung mit dem Zug findet, die günstig und komfortabel ist. „SimpleTrain“ ist auf Reisen in ganz Europa spezialisiert, sie helfen aber auch bei exotischeren Destinationen weiter. „Das weiteste, angefragte Ziel war Kirgistan“, erzählt Austin. „Und wenn ein Ziel nicht ausschließlich mit dem Zug erreichbar ist, dann buchen wir auch Bus- und Schiffsverbindungen dazu“.
Uns interessiert ob sie nur von Studenten und jungen Leuten kontaktiert werden. Überraschenderweise ist dem nicht so – ihr Kundenspektrum reicht von jung bis alt!

Der Passagier - Im Gespräch mit SimpleTrain

Ein echter Glücksfall für „SimpleTrain“ ist die Partnerschaft mit dem Migros Pionierfonds.

Dabei handelt es sich um einen freiwilligen Förderungsfonds der Unternehmen der Migros-Gruppe, die Pionierprojekte sucht und findet, die eine bessere Gesellschaft mitgestalten wollen. 2020 wurde „SimpleTrain“ dafür ausgewählt. Dank der Förderung konnten zwei weitere Mitarbeiterinnen eingestellt werden.
Für drei Jahre bekommen Sie Hilfe zur Seite, die Sie beim Vorantreiben des Projekts unterstützen. Eine großartige Sache, wie die Jungunternehmer finden und freuen sich über die Wahr­nehmung ihrer Idee. Kürzlich ist die neue Webseite online gegangen – für das Start‑up ein großer Meilenstein. Trotzdem ist es ihnen wichtig langsam zu wachsen und die Dinge nicht zu überstürzen.

Nach Reisetipps haben wir natürlich auch gefragt.

Marius empfiehlt die Strecke von London nach Schottland, in die Highlands. Von Sizilien schwärmen beide. „Anfang 2020 haben wir für mehrere Tage eine ge­meinsame Teamfahrt dorthin unternommen und sind mit dem Nachtzug auf die Insel gereist. Das hat uns richtig Spaß gemacht. Gerne möchten wird das wiederholen, dann planen wir auch mehr Zeit ein“, erzählt Austin.

Der Passagier - Reisegepäck
Bahnhof Richterswil
Nur wenige Schritte vom Fähranleger entfernt liegt der Bahnhof Richterswil.

Schwuppdiwupp ist die Zeit vergangen – uns hat es gefreut die jungen Köpfe von „SimpleTrain“ kennen­zulernen. Wir sind frohen Mutes und sehen uns darin bestätigt, dass Zugfahren immer mehr einen frischen Wind erlebt. Gerade junge Generationen geben Impulse, die Freude am Reisen auf Schienen zu vermitteln und Reiseangebote leichter zugänglich zu machen. Schon rollt der Zug gen Zürich ein – der Bahnhof liegt direkt hinter dem Fähranleger – die Jungs winken nochmal und steigen ein. Wir werfen noch einen letzten Blick in Richtung Berge, bevor wir unsere Weiterfahrt antreten.

Nur einen kleinen Wehrmutstropfen hat das Konzept:
Die Angebote für Zugverbindungen sind bisher auf Reisen von der Schweiz aus fokussiert - für Reisehungrige aus Deutschland und Österreich kann das Team aber auch Reisen buchen, deren Planungsaufwand komplexer ist.

Mehr Infos zu SimpleTrain: simpletrain.ch