Speisewagenportraits

Speisen auf Gleisen

Text: Dirk Wittmann, Eva Maria Wohlfarter und Heiko Focken
Im Magazin „Speisen auf Reisen“ haben wir drei Speisewagen vorgestellt. Weil wir von Restaurants auf Rädern einfach nicht genug bekommen können, finden Sie hier weitere Portraits unverwechsel­barer Gasthäuser, die unbedingt einen Besuch wert sind.
Der Passagier - Von Berlin nach Prag
Genussreise im Zug

Der slowakische Speisewagen

Der Passagier - Speisewagen Slowakei

Auf der Suche nach Individualität

Ein moderner Touch ist eingezogen, mit welchem auch teils vorgefertigte Speisen auf dem Speiseplan Einzug erhalten haben. Was nun nicht heißen soll, dass die Gerichte nicht auch wie in deutschen Speisewagen gut schmecken, aber ein bisschen ist der individuelle Charakter jedes Speisewagenkochs verloren gegangen.
Empfehlenswert sind daher immer die Speisen, die die Möglichkeit der Individualität noch bieten und bei denen es noch aus der Küche heraus wie bei meiner ersten Fahrt bruzzelt. Hier ist am Morgen das Omelett und zu Mittag/Abend das Schnitzel auf alle Fälle zu empfehlen. Etwas das auf alle Fälle geblieben ist und weshalb sich der Speisewagen in der Slowakei auch immer noch lohnt, ist ein herzlicher Empfang durch einen schön gedeckten Tisch mit Gläsern und das liebevolle Personal, meist auch Familien, denen im Rahmen eines Frainchaise einzelne Speisewagen und Zugläufe zugeteilt sind und die diese wie ihr eigenes Restaurant, nur auf Schienen, betreiben.

Tipps & Empfehlungen

Der slowakische Speisewagen


Verbindung:
Gesamtstrecke Kosice–Bratislava, davon finde ich Poprad-Tatry–Žilina am schönsten



Speisekarten-Empfehlung:
Die Aktionsgerichte sind immer empfehlenswert und ein frisch gebratenes Rührei, dass zu jeder Tageszeit geht



Besonders ist…

der schöne Abschluss jedes Speisewagen-Besuchs mit einem Teller Palatschinken. Ein schöner süßer Ausklang

Sonstiges:
Es empfehlt sich zwischen Poprad–Tatry und Zilina ein Sitzplatz auf Nordseite, zwischen Poprad–Tatry und Kosice auf Südseite


Der Autor:
Dirk Wittmann ist leidenschaftlicher Bahnfotograf und Bahnreisender.
Mit der Gestaltung von Zügen hat er sein Hobby und Traum zum
Beruf gemacht.


Wien-Budapest

Der ungarische Speisewagen

Der Passagier - Speisewagen Ungarn

Schnellkurs Ungarisch – Die Speisekarte ist unser Übungsbuch

In den Staub des Fensters hat jemand ein Herz gemalt, das besonders gut zur Geltung kommt, wenn wir ein Feld passieren – und wir passieren viele Felder bis Budapest. Auf einmal sind wir in Ungarn: Die politische Grenze ist überwunden. An der sprachlichen müssen wir dagegen noch arbeiten. Ungarisch zählt zu den finno-ugrischen Sprachen und klingt nur dann vertraut, wenn man schon oft in Ungarn war (oder in Wien lebt, wo das Ungarische auch oft zu hören ist). Immerhin: Die wichtigsten Vokabeln im Speisewagen halten sich kurz. Víz heißt Wasser, Kávé Kaffee, Bor Wein und Sör Bier. Leider ist der Zug von Wien nach Cluj nicht barrierefrei.
Da gibt es wirklich noch einiges zu tun! Dank des Frühstücks im Speisewagen haben wir aber neue Kraft dafür. Indulás!

Tipps & Empfehlungen

Der ungarische Speisewagen


Verbindung:
Der EC 143 fährt täglich von Wien nach Cluj-Napoca. Abfahrt in Wien: 10:42, Ankunft in Budapest: 13:19, Ankunft in Cluj-Napoca: 22:23

Empfehlung:
Die ganze Strecke bis Cluj fahren und im Speisewagen frühstücken, mittagessen und abendessen. Besonders großen Anklang finden die frisch zubereiteten Burger. Auch viele vegetarische und vegane Speisen sind im Angebot!

Sonstiges:
Den Bahnhof Budapest Keleti bewundern, der einer Kathedrale gleicht. Ausschau nach Fallblattanzeigen halten. Einen Ohrwurm von dem ungarischen Bahnhofs-Jingle bekommen. Ein Herz in den Staub malen.


Die Autorin:
Eva Maria Wohlfarter ist in einer Eisenbahner-Familie aufgewachsen und im Zug hauptgemeldet. Auf dem Blog Stadtstreunen.at hält sie ihre Eindrücke fest.


Schlemmen bei den Nachbarn

Der polnische Speisewagen

Der Passagier - Speisewagen Polen

Die Atmosphäre in den Wagen ist entspannt, das Sprachengewirr in den Eurocitys erinnert an die überfahrene Grenze zwischen dem germanischen und dem slawischen Sprachraum, und etwaige Sprachschwierigkeiten des nicht immer deutsch-kundigen Personals werden auf gut polnisch pragmatisch weg-improvisiert. Ein richtiger Speisewagen eben, kein „Bord-Restaurant“.
Wer dies einmal ausprobieren, aber nicht ganz so weit fahren möchte: Auch die knappe Stunde zwischen Frankfurt/Oder und Berlin reicht zumeist aus, um auf 80 Kilometern Fahrt durch die brandenburgischen Wälder in die deftige, aber schmackhafte Küche des Nachbarlandes einzutauchen.

Tipps & Empfehlungen

Der polnische Speisewagen


Verbindung:
Die im Verkehr mit Deutschland und Österreich befahrenen Speisewagen-Routen sind landschaftlich wenig spektakulär. Man kann sich also voll auf das Essen konzentrieren. Allenfalls die Verbindungen Berlin bzw. Wien - Danzig/Ostseeküste (EC „Gedania“ 58/59 und EC „Sobiesky“ 106/107) machen auf ihren letzten Kilometern durch Pommern Appetit auf den Norden.

Speisekarten-Empfehlung:
Empfehlenswert sind die frisch zubereiteten, typisch polnischen Gerichte wie gefüllte Piroggen oder Schweinekotelett mit Kartoffeln und Rohkost.


Der Autor:
Heiko Focken ist Verkehrsplaner für den Nahverkehr in seiner Wahlheimat Baden-Württemberg, hat zwei Söhne und ist leidenschaftlicher Zugfahrer, auch wenn ihm die Eisenbahn diese Leidenschaft zu leben nicht immer einfach macht. 

Weitere Speisewagen-Portraits lesen Sie in
Ausgabe 6 – „Speisen auf Reisen“

ab Juni 2023 im Handel oder über unseren Webshop erhältlich.