Der lange Weg zum Meer
Noch etwas verschlafen erreichte ich morgens um sieben das versteckte Gleis am kleinen Wong Wian Yai Bahnhof, im Westen von Bangkok. Um diese Zeit warteten schon viele Händler auf die Passagiere. Am Bahnsteig mischte sich der frische Suppenduft mit den Aromen von Bananen und Durianfrüchten. Und auch die Fahrt im Zug nach Maha Chai, dem Umsteigepunkt, gestaltete sich exotisch. Rote Luftballons, pinke Zuckerwatte, gelbe Opferblumen, Mönche und Schulkinder verschwommen zu bunten Bildern. Tempel, Suburbs und kleine Wasserwege wechselten sich ab. Hinter dem Fenstern konnte ich das Alltagsleben abseits des Bling-Blings von Bangkok entdecken.
Dazu: Bahnnostalgie pur. Auf der einspurigen Strecke wird der Staffelstab noch persönlich an den Lokführer übergeben, altgediente Schrankenwärter sperren die Übergänge mit Muskelkraft. Auf dem Weg nach Süden lockerte sich die Bebauung auf, die Landschaft wurde grüner. Dschungel, Sümpfe und Reisfelder wechselten sich ab und beruhigten die Landschaft.
In Maha Chai angekommen lief ich jedoch schon wieder durchs pralle Leben. Denn hier gab es schon den ersten kleinen Schienenmarkt. In der labyrinthische Hitze warteten Gemüse, Fleisch und Fisch im Überfluss. Doch ich musste weiter. Durch das Gewirr der Stände bahnte ich mir den Weg zur Fähranlegestelle, um von dort aus den Fluss Tha Chin mit einem kleinen Holzboot zu überqueren. Auf der anderen Seite blieb noch reichlich Zeit für einen Besuch des großen goldenen Buddha am Fluß. Und für eine Abkühlung im Everyday 1990 Café. Die wohltuende Klimaanlage und der gute Eiscafé sollten jedoch die einzige Erfrischungen dieses Tages bleiben.
Etwas später, am Ban Laem Kopfbahnhof begann der zweite Teil meiner Reise. Noch einmal eine Stunde mit der Diesellok im heißen Wagon. Ventilatoren pusteten roten Staub auf meine Kleidung. Wir stoppten an unendlich kleine Haltestellen und näherten uns doch auf der Schmalspur stetig und geradewegs dem Meer. Plötzlich die Endstation: Mae Klong Station! Der Abschluss einer famosen Zugfahrt und eine wunderschöne Hommage an die Vorortbahn.
Über den Fotografen
Peter Ortner ist freier Fotograf aus Nürnberg. Als passionierter Bahnfahrer ist er auf Schienen schon bis nach Japan gereist. Wann immer es geht, fährt er aber auch gerne kleine Nebenstrecken. Für ihn sind sie die wahren Perlen des Bahnverkehrs, abseits der stromlinienförmigen Eile. Er liebt es als Passagier und Fotograf im Zug zu sitzen, wenn möglich, immer gerne im Speisewagen.