Foto: David Emrich / unsplash.com
Mit dem Nachtzug von Hanoi nach Hue

Rollende Eindrücke aus Vietnam, wo alles „same same, but different“ ist

Text & Fotos: Karina Dinser-Nennstiel
540 Kilometer lang ist die Strecke von Hanoi bis nach Hue, die sich entlang der Küste schlängelt. Die Zeit bis zur Abfahrt im Bahnhof von Hanoi ver­bringe ich mit den Mitreisenden auf harten Sitzen in der Wartehalle.
Vietnamesische Blumenfrau

Eine vietnamesische Lautsprecher-Stimme reißt mich aus meinen Gedanken, die den Zug ansagt der uns gen Süden bringen soll. Die Sonne ist schon längst unter­gegangen, als wir die Treppe zum Gleis hinuntergehen, es ist schwülwarm. Auf dem Bahnsteig ist nicht viel los. Hier steht schon der blau-rote Zug der Vietnamesischen Staatsbahn bereit. Spannung, Neugier und Vorfreude sind groß. Ich ziehe mich am Haltegriff an den Trittstufen hoch, um in den Wagen zu steigen.
Das große Gepäck haben wir zuvor in der Halle abgegeben und wird im Gepäckabteil verstaut, sodass wir nur mit dem Nötigsten im Schlafwagen reisen.

Mit dem Nachtzug von Hanoi nach Hue
Der blau-rote Zug der Vietnamesischen Staatsbahn, welcher uns von Hanoi nach Hue bringt.

Der Zug hat schon einige Fahrten und Jahre hinter sich. Der dunkle Holzton der Innen­verkleidung erinnert an vergangene Zeiten, ist aber irgendwie vertraut, genauso wie der Linoliumboden im Gang. Ich finde die Nummer auf meiner Fahrkarte an dem Abteil – zu viert teile ich es mit meinen Begleitern. Wir haben das Glück in der höchsten Buchungs­klasse, dem „Soft Sleeper“ zu reisen – klingt aber viel­versprechender als es ist.

Meinen Beutel werfe ich auf die obere Liege. Ein weißes Leinentuch, eine Decke und ein Kopfkissen liegen bereit. Das Abteil ist zwar nicht luxuriös aber dennoch komfortabel, wie ich später herausfinden werde. Ungeduldig schauen wir aus dem Fenster und können es kaum erwarten bis wir endlich losfahren. Eine Kekspackung mit asiatischer Aufschrift wird geöffnet und herumgereicht. Wir plaudern und lachen, die Runde ist guter Dinge.

Mit dem Nachtzug von Hanoi nach Hue
Erkundungstour im Nachtzug

Auf ein 333 mit Ian Fleming - leicht geschüttelt

Endlich setzt sich der Zug in Bewegung und wir rollen, leicht ruckelnd gemächlich durch die engen Gassen Hanois und passieren wartende Mopedfahrer an Bahnübergängen. Als wir die beleuchteten Straßen der Stadt hinter uns lassen und die Aussicht nur noch schwarz ist, treibt uns die Neugier schließlich auf Erkundungstour durch die Wagons, die sich als kleine Zeitreise entpuppt. In der Sitzklasse ist es gut gefüllt, Ein­heimische machen es sich zwischen großen Taschen und Koffern auf den Sitzen mit Jacken und Decken bequem.

Zugreise Vietnam
Markt in Vietnam
Rollende Eindrücke aus Vietnam, wo alles „same same, but different“ ist.

Gemeinsam feiern wir das Erlebnis Zugfahren in Vietnam.

Plötzlich stehen wir im Speisewagen, der mich eher an eine russische Spilunke erinnert. Zigarettenrauch hängt in der Luft, funzeliges Licht lässt manch eine Gestalt düsterer erscheinen als sie sein mag. Ich fühle mich ein bisschen wie in einem russischen Spionagefilm und es würde mich nicht wundern, wenn gleich eine Romanfigur Ian Flemings oder Graham Greenes durch die Tür tritt. Musternde Blicke bleiben an uns hängen, als wir uns stumm lächelnd vorbeischieben und auf den letzten Wagen zuwanken. Hier sieht es aus wie in einem Lagerraum – neben einem Tresen steht eine Frau, die uns tatsächlich eine kalte Dose ba-ba-ba (333‑Bier) verkauft. Ich strecke ihr 30 000 Dong (entspricht ca. 1 €) in Scheinen entgegen. Sie drückt mir wortlos einige Münzen in die Hand, ich bedanke mich und wanke durch den nun etwas schneller ratternden Zug zurück in unser wirklich luxuriöses Abteil. Gemeinsam feiern wir das Erlebnis Zugfahren in Vietnam, gemütlich neben­einander auf den Pritschen sitzend und wir fühlen uns alle ein bisschen wie auf Klassenfahrt. Es ist spät als wir müde genug sind, um uns schlafen zu legen.

Vietnamesische Lampions
Wasserbüffel Reisfeld Vietnam

Guten Morgen, Hue!

Es ist noch früh als ich wach werde, aber draußen ist es bereits hell. Dennoch fühle ich mich ausgeruht. Die anderen sind schon wach. Im nächsten Bahnhof stehen Vietnamesinnen, die frischen Kaffee verkaufen – wir nutzen die Gelegenheit, besorgen vier Becher davon und genießen das heiße Getränk, das so herrlich nach Haselnuss duftet. Draußen zieht die Landschaft an uns vorbei, Felder, Straßen, ab und an in der Ferne das Meer. Uns bleiben noch drei Stunden, um die Ein­drücke der Fahrt aufzusaugen, bevor wir in Hue ankommen, wo wir die Verbotene Stadt besichtigen werden.

Foto: Claudette Bleijenberg / unsplash.com
Hue

Alte Kaiserstadt am Parfümfluss

Übersetzt bedeutet Hue soviel wie Harmonie und liegt etwa in der geo­grafischen Mitte Vietnams. Wegen seiner beeindruckenden Vergangenheit ist es empfehlenswert diese historischen Stätten zu besuchen und auf sich wirken zu lassen. Die Stadt liegt am wohlklingenden Parfüm-Fluss (Huong), der sich für einen Ausflug mit einem der bunten Drachenboote anbietet.

Hue Alte Kaiserstadt am Parfümfluss
Pompöse Denkmäler für die Ewigkeit: Mausoleen und Kaisergräber, hier Minh Manh, liegen außerhalb von Hue. Diese friedlichen Orte in der Natur sind einen Ausflug wert. Foto rechts: Kha Vo / unsplash.com

Am Ufer des Flusses, gut sichtbar auf einer Anhöhe, liegt auch das Wahr­zeichen von Hue. Die Thien-Mu-Pagode, der Tempel der Himmelsgöttin ist heute ein buddhistisches Kloster. Doch der wohl meist besuchteste Ort der Stadt ist die Zitadelle mit der „Verbotenen Stadt“. Die weitläufige, alte Palast­anlage ist seit 1993 UNESCO-Weltkulturerbe. Im 19. Jahrhundert lebte dort die letzte vietnamesische Kaiserdynastie Nguyen - damals war Hue noch die Hauptstadt Vietnams.

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