CIAO SICILIA!

Auf Schienen zur Königin der Mittelmeer-Inseln

Text & Fotos: Adrian Dinser
Illustration: Karina Dinser-Nennstiel
Es mag kitschig klingen und das ist es wohl auch ein wenig, doch ist Zugreisen nicht eine romantische Art sich fortzubewegen, erst recht, wenn das Ziel jenseits der Alpen liegt? »Wenn mein Entzücken hierüber jemand vernähme, der in Süden wohnte, von Süden herkäme, er würde mich für sehr kindisch halten«, beschrieb es Goethe treffend in seiner Italienischen Reise.
Hier & Jetzt
Auch wenn Goethe nicht mit dem Zug über Sizilien reiste, Der Passagier empfiehlt als Buch zur Reise:
Italienische Reise, von Johann Wolfgang von Goethe. C.H.Beck, 748 Seiten, gebunden, 10 EUR.
Passagier_Sizilien_Blick aufs Meer

Als wir südlich des Alpenhauptkamms in Richtung Bellinzona dahingleiten, bilde ich mir ein, am Horizont schon das Mittelmeer zu erspähen. Wir sind beglückt und beseelt die gesamte Länge des italienischen Stiefels entlang zu fahren mit der Vorfreude, am nächsten Tag bei Sonnenaufgang den Ätna begrüßen zu können. Bestimmt fragen Sie sich, weswegen wir, meine Begleiterin und ich, keinen Zwischenhalt in Rom eingelegt haben. Ehrlich gesagt haben wir uns das auch gefragt. Angekommen am Termini mit dem Wissen, dass die römische Altstadt nur wenige Gehminuten entfernt liegt, überkamen uns Zweifel. Doch wir sind reif für die Insel und steigen abends wie geplant in den IntercityNotte nach Sizilien.

Im Schlafwagen-Abteil ziehen wir eine Flasche Rotwein aus der Tasche – die wir vorausschauend für diesen Moment eingepackt hatten, dazu essen wir Pizza, die wir noch auf die Schnelle in einer Seitenstraße des Bahnhofs ergattern konnten. Doch das eigentliche Highlight der Fahrt erwartet uns kurz vor der Morgendämmerung. Waren Sie schon mal auf einer Trajektfähre? Damit erfolgt nämlich die Überfahrt vom italienischen Festland auf die Insel. Die Bahnwaggons werden auf eine Fähre rangiert, in deren Bauch Schienen liegen (siehe Infokasten). Durch den Rangiervorgang morgens um 5 Uhr in Villa San Giovanni – der sehr behutsam war – wurde ich wach. Gepackt von der Neugierde dieses nicht alltäglichen Ereignisses weckte ich sogleich meine Begleiterin. Schnell sind wir in unsere Kleidung geschlüpft und stehen nach mehreren Treppen oben auf dem Fährdeck. Außer uns treffen wir nur zwei Mitreisende, die wie wir, die Überfahrt nicht verpassen wollen. Die anderen, meist italienischen Passagiere drehen sich derweil lieber noch mal in ihren Betten um. Warme Luft weht uns um die Nase, während die Fähre leise über das Meer, durch die Nacht gleitet. Hell erleuchtet ist das gegenüberliegende Ufer. Ist da drüben schon Sizilien? Die Überfahrt bis zum Hafen von Messina dauert nur wenige Minuten. Zurück im Schlafabteil legen wir uns nochmal für ein Nickerchen hin – zu gemütlich ist es im Bett. Bis zur Ankunft dauert es jedoch nicht mehr lange.

Der Passagier_Sizilien_Bahnsteig mit Blick aufs Meer

Buon Giorno, Taormina!

An einem warmen, sizilianischen Septembermorgen steigen meine Begleiterin und ich am Bahnhof Taormina aus und die noch tiefstehende Sonne kleidet das Mittelmeer wie auch das Bahnhofsgebäude in ein goldenes Licht. Es ist dieser Moment auf Reisen, wenn einem bewusst wird, dass man sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort befindet. Und ein kleiner Schauer überkommt mich. Überwältigt von der Schönheit im Hier und Jetzt erscheint der Auftakt unserer Sizilienreise vollkommen:
Die sommerlichen Temperaturen, das glitzernde Meer in der Sonne, die exotische Flora mit Palmen und Kakteen entlang des Bahnsteigs und dieser wunderschöne Jugendstil-Bahnhof. Also wenn jede Bahnstation so pittoresk aussieht wie diese, dann möchten wir bitte nach Sizilien auswandern. Tatsächlich hat die Bahnstation von Taormina ihre Pracht einem Besuch der Kaiserin Elisabeth in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu verdanken. Ihr zu Ehren wurde das Gebäude prunkvoll erweitert.

Passagier_Sizilien_Stadtpark
Villa Kommunale - Ein Ort der Ruhe mit wundervollem Blick auf das Meer und die Stadt

Hier sind wir also, in Taormina an der Ostküste Siziliens. Die charmante Altstadt liegt etwa 200 m oberhalb der Küste, die man bequem mit dem Linienbus erreicht. Zwischen den Häusern eröffnen sich atemberaubende Ausblicke auf den Ätna und das Mittelmeer, von denen einer schöner als der andere ist. Besonders hervorzuheben ist der öffentliche Stadtpark Villa Kommunale. Dieser wurde von der englischen Garten Lady Florence Trevelyan angelegt, die sich 1889 in Taormina niederließ. Bis heute bietet er eine vielseitige exotische Bepflanzung und ist unbedingt einen Besuch wert. Weil das angrenzende Hotel, das fast so alt wie der Park selbst ist, den verheißungsvollen Namen Paradiso trägt, haben wir uns kurzerhand einquartiert. Oder wir hatten einfach nur den gleichnamigen Song des norwegischen Musikers Erlend Oye und seiner Band La Comitiva in unseren Ohren, als wir unser Zimmer reservierten.
Eine ebenso reizvolle Kulisse bietet die barocke Piazza IX Aprile – eines der unzähligen weiteren Postkartenmotive der Stadt. Bei einem Negroni in der Wunderbar kann man den Platz auf sich wirken lassen. Die markanteste und wohl prominenteste Sehenswürdigkeit Taorminas ist das griechische Amphitheater, welches im 3. Jahrhundert v. Chr. erbaut wurde. Es ist nicht nur eines der größten der griechischen Welt, gemessen an der Sitzplatzkapazität, sondern sicher auch eines der bemerkenswertesten gelegenen.

Passagier_Sizilien_Altstadt-und-Zugfenster
Der Ätna in Wölkchen gehüllt – wir sind von der herrlichen Aussicht schier verzaubert

Weiter gen Süden

Von Taormina aus führt uns die Reise auf einer zweistündigen Fahrt über Catania, wo wir in einen charmanten Nahverkehrszug nach Syrakus steigen, einem so geschichts­trächtigen wie mythischen Ort (das frühere Syrakus war einmal das Zentrum der antiken Welt). Geschichtsinteressierte werden bei der Fülle an historischen Stätten von der Bronzezeit über die Antike bis hin zum Barock leuchtende Augen bekommen. Ebenso ist das Schlendern durch die engen Gassen Ortygias, den ältesten Stadtteil, eine wahre Freude. Gerade im Herbst und Frühjahr, bei angenehmen Temperaturen und weniger überfüllten Fußgängerzonen ein empfehlenswertes, authentisches Sizilien-Erlebnis.

Der vollständige Text erschien in der Erstausgabe von Der Passagier. Weitere Ausgaben finden Sie hier.

Italien Zugreise
Der Passagier empfiehlt

Bella Italia: Zug um Zug von Venedig bis Sizilien

Das Fernweh hat Sie gepackt und Sie möchten sich am liebsten gleich selbst ins nächste Zugreise-Abenteuer stürzen? Dann nichts wie los!
Bereisen Sie den gesamten italienischen Stiefel mit Linien- und historischen Sonderzügen. Stolze Handelsstadt Venedig, Perlen der Toskana, ewige Stadt Rom, malerischer Golf von Salerno, Vulkanriesen Vesuv und Ätna, Traumküste Amalfitana und Siziliens blühende Gärten...

Entdecken Sie die Welt per Zug!
Diese und weitere traumhafte Zugreisen finden Sie auf: