Hier wird das Reisen in Zugreisen großgeschrieben
Denken Europäer an die Vereinigten Staaten, so erscheinen vor vielen Augen die Skylines der Metropolen à la New York, Chicago oder Boston gepaart mit der Hollywood-Romantik der südlichen Westküste rund um L.A. Was viele vergessen, sind die Weite und Vielseitigkeit eines Landes, das mehr als 27 mal so groß ist wie Deutschland und sich somit gleich über mehrere Zeitzonen erstreckt. Während sich in den Ballungszentren der Millionenstädte die Menschen tummeln, zeichnen sich die USA gleichermaßen durch schier endlose Weiten, diverse Kulturen, sprachliche Dialekte und die verschiedensten Vegetationen aus. Wüsten, Wälder, Gebirge, Hochebenen und plattes Land – von unangetasteter Natur bis zu den concrete jungles…
Der American Dream und der damit verbundene Aufstieg vom „Tellerwäscher zum Millionär“ mag dank großer gesellschaftlicher und politischer Gegensätze längst an Wahrscheinlichkeit und Wirkungskraft verloren haben, doch die landschaftliche Vielfalt der USA präsentiert Reisenden bis heute ein Land unbegrenzter Möglichkeiten.
Um diese Vielfalt zu erkunden, bedarf es mehr als nur einer Reise, ausreichend Zeit – oder aber ein Amtrak-Ticket.
Ein Hauch von Nostalgie und Abenteuer
Schon beim Anblick dieser klobigen, recht kantigen silberfarbenen Züge, die im richtigen Licht eindrucksvoll in der Sonne funkeln und zugleich den Eindruck erwecken, jedem noch so extremen Witterungsverhältnis mit Leichtigkeit zu begegnen, kommt ein Gefühl von Nostalgie und Abenteuerlust auf. Die USA sind dafür bekannt, dass alles etwas größer ist und die Züge des Personenverkehrs sind keine Ausnahme.
Die Geschichte der Amtrak-Züge begann in den 1970er Jahren mit der Gründung der National Railway Passenger Corporation, die einst unter US-Präsident Richard Nixon ins Leben gerufen wurde. Doppelstöckig und mit imposanten Namen wie „Capitol Corridor“, „Empire Builder“ oder „Southwest Chief“ befördern Amtrak-Züge Passagiere heute auf mehr als 30 Strecken kreuz und quer durch die USA.
Während modernes Design und die Schnelllebigkeit der Gesellschaft mittlerweile auch im Zugverkehr zunehmend stärker sichtbar werden, bleibt der Komfort des einstigen Reisens auf amerikanischen Schienen wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten bestehen. So sind Hochgeschwindigkeitszüge zwar durchaus in aller Munde. Bis sie regelmäßig auf den Schienenverbindungen Nordamerikas verkehren werden, wird dennoch noch reichlich Zeit vergehen.
Während diese schleppende Entwicklung vor allem unter Pendlern vor Ort immer wieder für entsprechenden Unmut sorgt, kommt sie Passagieren, die des Unterwegsseins wegen reisen, ganz gelegen. Wer in den USA in den Zug steigt, um das Land zu erkunden, wird nämlich schon bald bemerken, dass das Ziel einer solchen Fahrt nicht etwa die zeitnahe Ankunft sein kann, sondern dass die Zugreise selbst es ist.
Die Vielfalt der USA mit dem Zug erkunden
Wie weit man in den USA im Rahmen von bloß einer Fahrt reisen kann, verdeutlichen das Amtrak-Streckennetz und der interaktive Routenplaner, mit dessen Hilfe Passagiere online anhand des gewünschten Abreiseorts und Reiseziels passende Zugverbindungen und Strecken herausfiltern können. Während rund 30 zur Verfügung stehende Routen in Relation zu der Größe des Landes auf den ersten Blick noch recht überschaubar erscheinen, verfliegt dieser erste Eindruck nämlich schon dann, wenn man sich die Dimensionen der Strecken einmal ein bisschen genauer ansieht. Dass einzelne Züge auf einer einzigen Fahrt Tausende von Kilometern zurücklegen, ist in den USA keine Seltenheit. Mehr als 4.300 Kilometer fährt der „Texas Eagle“, die längste aller Amtrak-Verbindungen, zum Beispiel, wenn er von Chicago, Illinois, nach San Antonio, Texas, und in Zusammenführung mit dem „Sunset Limited“ von dort aus weiter bis nach Los Angeles verkehrt. Die Fahrt dauert über 65 Stunden – vorausgesetzt, dass man den Zug zwischendrin nicht verlässt. Bis zu seinem finalen Ziel durchquert der „Texas Eagle“ sieben Staaten und zeigt Passagieren die natürliche und kulturelle Vielfalt des Landes, angefangen von seinen Metropolen bis hin zu indigenen Traditionen und der wilden Natur in Nationalparks und Canyons.
Wie viel Komfort man als Reisender an Bord der verschiedenen Amtrak-Züge genießt, hängt zum einen von der eigenen Buchungsklasse ab. So haben Langstreckenreisende in der Regel die Wahl zwischen Plätzen in einem der doppelstöckigen Sitzwagen, einer Liege im Gemeinschafts-abteil oder einem Bett in einer privaten Kabine. Doch auch ein bisschen Bewegung an Bord zahlt sich aus. Die ikonischen Panoramawagen erwarten Passagiere mit ausladenden Sesseln und reichlich Beinfreiheit, während die teils dramatisch wechselnde Landschaft vor den bodentiefen Fenstern wie in einem Kinofilm vorbeizieht. Auch ein Besuch im Café- oder Speisewagen zahlt sich aus. Das Sortiment aus Speisen, Getränken und Snacks steht Reisenden aus den Sitzwagen zum kostenpflichtigen Erwerb bereit und ist im Buchungspreis der Liege- und Schlafenwagentickets bereits enthalten.
Mit einem Amtrak Rail Pass kreuz und quer durch die USA
Ob Multi-Ride Ticket (Monatsticket, 10 oder 6 Fahrten), USA Rail Pass (10 Fahrten innerhalb von 30 Tagen) oder der spezielle Kalifornien Rail Pass (7 Fahrten innerhalb von 21 Tagen): Wer möglichst viel von den USA zu sehen bekommen möchte, sollte unbedingt den Erwerb eines Amtrak Rail Passes in Erwägung ziehen. Gut vergleichbar mit dem europäischen Interrail-Konzept basieren die unterschiedlichen Amtrak Rail Passes auf dem „hop on and off“ Prinzip, das entweder an eine begrenzte Anzahl von Fahrten oder an einen festgelegten Reisezeitraum geknüpft ist. Ein bisschen Planung im Voraus hilft, um die Anzahl der gebuchten Fahrten gut einzuteilen und so in puncto Erfahrung von Land und Leuten voll auf die eigenen Kosten zu kommen.
Amtrak-Buchungen und weitere Informationen
Buchungen direkter Fahrten sowie von Rail Passes sind online unter www.amtrak.com und über die AMTRAK App möglich.
Blättern Sie für weitere Inspiration und Reiseberichte unbedingt auch noch einmal in den Printausgaben des Passagiers: In Ausgabe 2 – Winterreise berichtet Tim Maxeiner zum einen über seine Reise entlang der kalifornischen Küste im „Coast Starlight“ von Oakland nach L.A.
In Ausgabe 3 – Gen Osten erzählt Evelyn Narciso außerdem von ihrer Reise im „Texas Eagle“ auf der Strecke von Los Angeles nach San Antonio.
Amtrak-Buchungen und Rail Passes:
www.amtrak.com
Über die Autorin
Daria Radler arbeitet als freie Reise- und Kultur-journalistin. Ob in der Arktis, am Mittelmeer oder in Norddeutschland: Sie schreibt am liebsten über Menschen und ihre Geschichten.
Mehr unter www.dariaradler.com