Unterwegs mit Interrail

Reise zum Glück

Text & Fotos: Pia Riester (überarbeitet von Stefanie Huschle)
Unsere Autorin Pia Riester war einen Monat lang mit Interrail unterwegs. Ihr Weg führte sie nicht nur nach Luxemburg, Belgien, in die Schweiz, nach Spanien und Portugal, sondern auch zu den wesentlichen Dingen im Leben. Ein Reisebericht.
Passagier - Pia Riester
Einen Monat Europa - ein Reisetraum, den Pia Riester, Tourismuskauffrau und begeisterte Solo-Backpackerin schon lange hegte und sich nun endlich erfüllte.

Schon lange ist es mein Traum, eine Interrail-Reise zu unternehmen. Nun habe ich endlich die Gelegenheit dazu. Für mich beginnt bald ein neuer Lebensabschnitt, davor möchte ich reisen und Europa entdecken. Es ist Anfang März, ich stehe am Hauptbahnhof in Offenburg und warte aufgeregt auf meinen ICE Richtung Brüssel.
Es fiel mir nicht leicht, mich im Vorfeld auf eine Reiseroute festzulegen. Am liebsten würde ich jedes einzelne Land in Europa bereisen. Irgendwann stand meine Reiseroute grob fest: Belgien, Luxemburg, ein Zwischenstopp bei meinem Freund in der Schweiz, ein Besuch bei einer Freundin in Barcelona, weiter nach Andalusien und Portugal, dann die portugiesische Küste entlang bis nach Porto, wo die Reise enden soll. Ich bleibe flexibel, was die genauen Reisetage angeht – für mich einer der größten Vorteile einer Interrail-Reise. Jetzt geht es also los, meine große Reise beginnt. Ich sitze im Zug, die Sonne scheint, mein Hostel in Brüssel ist gebucht.

Der Passagier - Brüssel - Grand Place
Der belgische Grand Place ist UNESCO-Weltkulturerbe und lädt zum Schlendern und Genießen ein.
ERSTE STATION:

Brüssel, Belgien

Als ich in Brüssel ankomme, suche ich mein Hostel „Latroupe Grand Place“. Ich verirre mich zunächst in den Straßen der Altstadt und laufe dann aus Versehen zweimal an dem Hostel vorbei. Von außen sieht es aus wie ein edles Hotel, die helle Steinfassade ist mit filigranen Balkonge­ländern geschmückt. Innen ist das Hostel modern eingerichtet, ich bin zufrieden und werde hier für zwei Nächste bleiben. Ich schlendere durch die Straßen rund um das UNESCO-Weltkulturerbe Grand Place und bin begeistert. Die Brüsseler Architektur ist sehr eindrucksvoll, besonders am Grand Place könnte ich die detailreichen Fassaden aus dem 15. und 17. Jahrhundert ewig betrachten.
Am nächsten Tag treffe ich meine Freundin Amelie, die aus Paris angereist ist, damit wir uns gemeinsam die Stadt ansehen können. Wir haben uns vor zwei Tagen ganz spontan verabredet. Mit der Metro fahren wir zum Europäischen Parlament. Die Sonne scheint auf die verspiegelten Glastürme des riesigen Gebäudes. Beim Maison Antoine ganz in der Nähe essen wir die angeblich besten Fritten Belgiens, sogar Angela Merkel wurde hier schon beim Essen beobachtet.

Der Passagier - Brügge
Im Vergleich zur Großstadt wirkt in Brügge alles sehr klein und übersichtlich.

Nächster Halt: Brügge

Vor der Fahrt nach Brügge bekomme ich in meinem Brüsseler Hostel ein kostenloses Frühstück, weil heute internationaler Weltfrauentag ist. Ich genieße meinen Kaffee, einen Organgensaft und ein Schokocroissant. Ein sehr guter Start!
Der Bahnhof Bruxelles-Central liegt unterirdisch, er wirkt auf mich wie eine große Metro Station, nur für normale Züge. Die Fahrt nach Brügge dauert nur eine Stunde.
Dort angekommen wirkt alles sehr klein und übersichtlich – das liegt wahrscheinlich daran, dass ich gerade aus der Großstadt Brüssel komme. Ich entdecke einen wunder­schönen großen Innenhof. Weiße Häuser mit typisch belgischen Staffelgiebeln umrahmen eine Wiese mit unzähligen Osterglocken, die zwischen riesigen alten Bäumen aus dem Boden sprießen. Die Sonne geht gerade unter. Ich betrachte die in warmes Licht getauchte Szenerie und der Moment fühlt sich magisch an. Ich könnte ewig hier stehen. Später erfahre ich, dass ich in dem Innenhof zufällig in einem flämischen Beginenhof gelandet bin, der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.

Der Passagier - Brügge - Beginenhof
Manchmal erfährt man erst im Nachhinein, wie bekannt bestimmte Orte sind.
BELGIEN

Ausflug nach Oostende

Heute scheint die Sonne und es ist warm. So warm, dass ich sogar meine Jacke ausziehe und meine Sonnenbrille rauskrame. Ich bin auf dem Weg zum Bahnhof. Heute mache ich von Brügge aus einen Ausflug ans Meer, nach Oostende. Auf dem Weg zum Bahnhof entdecke ich Verkaufsstände auf dem Marktplatz. Es gibt frisches Obst und Gemüse, Blumen und Essen. Die Gerichte duften wunderbar und die Kirchenglocken spielen schöne Melodien. Heute ist ein guter Tag, das Leben ist so lebenswert! In Brügge fühle ich mich wohl. Es ist ruhig, aber nicht zu ruhig, und überall duftet es nach Schokolade aus den vielen Chocolaterien. Hierher komme ich sicher immer wieder.

Der Bahnhof in Brügge ist übersichtlich. Mir fällt auf, dass an Belgiens Bahnhöfen in regelmäßigen Abständen Bildschirme mit allen Abfahrtszeiten hängen, das ist sehr hilfreich für die Orientierung. Die Fahrt ans Meer dauert nur 13 Minuten. Ich bin beein­druckt vom Oostender Bahnhof. Er ist ebenerdig, komplett offen und hell. Durch das hohe bunte Glasdach fällt Licht, das blau, gelb und grün schimmert. Neben dieser moder­nen Deckenkonstruktion steht ein imposantes historisches Bahnhofsgebäude und direkt gegenüber liegt der Hafen. Am Bahnhof fährt außerdem eine Küstentram ab. Ich finde, Belgien ist wirklich gut vernetzt. Es bietet sich an, das Land mit dem Zug zu erkunden.

In Oostende sticht für mich der Park Leopold heraus: Er liegt mitten in der Stadt und ist mit Teichen, kleinen Steinbrücken und Pavillons verziert. Am Oostender Strand kaufe ich mir frische Fischhäppchen. Es ist schön, mal wieder Sand unter den Füßen zu spüren und das weite Meer zu betrachten. Als das ich das letzte Mal hier war, hat eine Möwe meiner Schwester im Sturzflug ihren Fisch aus der Hand geschleudert. Deswegen packe ich meine Häppchen sorgfältig in eine Papiertüte und esse sie in hinter einem Haus in einer Möwen-freien Ecke. Am frühen Abend fahre ich wieder zurück nach Brügge, um dort zu übernachten.

Der Passagier - Oostende Bahnhof
Ankunft in Oostende: Dank der vielen Vernetzungen bietet sich das Bahnfahren in Belgien besonders an.
Der Passagier - Oostende Bahnhof
Der Bahnhof Oostende hinter dem Hafen.
Der Passagier - Luxemburg Bahnhof
Der Luxemburger Bahnhof mit seiner gewölbten Decke und den Bemalungen ist eine reine Augenweide.
NÄCHSTER HALT:

Luxemburg Stadt

Am nächsten Morgen fahre ich nach Luxembourg. Von Bruxelles-Midi aus dauert die Fahrt dorthin knapp dreieinhalb Stunden. Die Zugfahrt wirft mich in eine andere Zeit. Es gibt keine Steckdosen, der Zug ist außen leicht rostig und es ist deutlich sichtbar, dass schon viel Menschen auf den Zugsitzen Platz genommen haben. Ab Malorie lenkt die Landschaft vom Inneren des Zuges ab. Wir fahren durch einen lichten Wald und ein Fluss zieht sich parallel zu den Schienen durch das gesamte Waldgebiet. Danach folgt eine grüne, flache Hügellandschaft. Hin und wieder sehe ich eine Farm oder ein einsames Haus. Die Aussicht erinnert mich an Landschaften in Irland.
Der Luxemburger Bahnhof ist sehr schön, auf einer gewölbten Decke ist in Gold und Hellblau eine Weltkarte gemalt. Ich fahre mit dem Bus zum Hostel. Kostenlos! Seit 2020 sind in Luxemburg alle öffentlichen Verkehrsmittel umsonst. Nachdem ich mein Zimmer bezogen habe, verschaffe mir einen ersten Eindruck von der Umgebung. Mehrere Viadukte und Brücken durchqueren die Stadt. Luxemburg liegt auf mehreren Ebenen in unterschiedlichen Höhen und sieht dadurch ganz anders aus als alle Städte, die ich bisher gesehen habe. Die Ebenen sind durch viele Aufzüge miteinander verbunden. Aufzüge sind daher ein alltägliches Transportmittel für die Luxemburger.

Der Passagier - Luxemburg
In einer Stadt, die auf unterschiedlichen Ebenen erbaut wurde, gehört der Aufzug zum alltäglichen Transportmittel.

Auf einer kostenlosen Stadtführung beeindruckt mich Stadtführer Roy mit seinen Sprachkenntnissen – er spricht sieben Sprachen – und seinem riesigen Wissen über diese faszinierende Stadt. Wir sehen uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten an, unter anderem den Grand Ducal Palace, in dem die großherzogliche Familie wohnt. Der Palast wirkt schlicht, fast wie ein Rathaus. Lediglich die Wachen, die davor patrouillieren, zeigen, dass es sich um ein Königshaus handelt.
Mit der Tram fahre ich in das moderne Viertel Plateau Kirchberg.
Dort haben wegen der Steuer-Vorteile in Luxemburg viele große Unternehmen ihren Sitz. Auch Einkaufszentren und ein Kunstmuseum entdecke ich dort. Alles ist modern, es umgeben mich hohe Gebäude, viele Glasfassaden und viel Beton. Ein krasser Kontrast zur Altstadt. In Luxembourg wirken die Leute offen und freundlich auf mich. Die Sprachenvielfalt ist wirklich bemerkenswert. Offiziell wird Luxemburgisch, Französisch und Deutsch gesprochen. Fast alle Luxemburger können zusätzlich Englisch und viele sprechen Portugiesisch, erzählt Roy, weil es hier eine große portugiesische Gemeinschaft gibt.

Der Passagier - Colmar

Colmar, Frankreich

Luxemburg ist bisher der Höhepunkt meiner Reise. Doch nun ist es Zeit weiterzuziehen. Heute fahre ich mit dem TGV nach Colmar. Obwohl ich nicht weit von der Stadt entfernt auf der anderen Seite des Rheins lebe, war ich noch nie dort. Die Stadt bezaubert mit ihrem Charme.
Das bekannte Viertel La Petite Venice versprüht romantische Gefühle: Gondeln fahren auf einem von Fachwerkhäusern gesäumten Kanal, auf Terrassen über dem Wasser essen Menschen im Kerzenlicht. In Colmar fühle ich mich heimelig, ich komme bestimmt wieder.

Der Passagier - Im Zug nach Lyon
Im Zug geht es über Genf und Lyon weiter nach Barcelona.

Solothurn, Schweiz

Die Zugfahrt von Colmar nach Solothurn in der Schweiz dauert zwei Stunden. Solothurn ist eine hübsche Barockstadt, durch deren Innenstadt die Aare fließt. Mein Freund wohnt dort und ich lege eine kurze Reise­pause ein. Ich schlafe aus, wasche meine Wäsche und plane ich Ruhe meine Reise weiter. Mein nächster Stopp wird Barcelona sein, wo ich eine Freundin besuche. Ich buche eine Verbindung von Solothurn über Genf und Lyon. Die Zugfahrt nach Barcelona wird die längste auf meiner Reise sein und insgesamt etwa 11 Stunden dauern.

Fahrt nach Barcelona

Kurz vor 8.00 Uhr fahre ich los. Die Strecke von Solothurn nach Genf ist fantastisch. Wir fahren am Bieler See, an Neuchâtel und weiteren pittoresken Städten vorbei. Beim Blick aus dem Zugfenster bin ich mir sicher: Der französische Teil der Schweiz muss wunderschön ein. Von Genf nach Lyon genieße ich die Aussicht ebenso sehr. Wir fahren durch eine Land-Idylle, an kleinen Dörfer und an felsigen Bergen vorbei. Auf der Fahrt von Lyon nach Barcelona merke ich, dass ich mich dem Süden nähere. Ich entdecke einzelne Bauernhäuser in der Landschaft, die mich streckenweise an die Toskana erinnert. Meine Sitznachbarin kommt aus Barcelona und möchte bald in Deutschland studieren. Bei der Ankunft in Barcelona hilft sie mir, ein Taxi zum Hostel zu bekommen.

SPANIEN

Barcelona und Umgebung

Der Passagier - Im Zug nach Sevilla
Achtung, hier herrscht Reservierungspflicht! Im Schnellzug geht es von Barcelona weiter Richtung Sevilla.

Fahrt nach Sevilla

Früh am Morgen steige ich in den Zug Richtung Sevilla. Übrigens: In Spanien muss jeder Schnellzug reserviert werden, am besten so früh es geht im Voraus, um sicher einen Platz zu bekommen. Am Bahnhof Barcelona-Sants fühle ich mich wie am Flughafen. Ich muss durch eine Pass- und Ticketkontrolle, erst dann darf ich zum Gleis. Die Schlange vor der Kontrolle ist mehrere Dutzend Meter lang. Zum Glück habe ich eine Dreiviertelstunde Pufferzeit eingeplant, sonst würde ich den Zug verpassen. Das Warten lohnt sich: Der AVE-Hochgeschwindigkeitszug wirkt gemütlich und modern, es dominieren helle Holztöne und mein schwarzer Ledersitz ist sehr bequem.
In Madrid steige ich um – das gleiche Prozedere mit Anstehen und Kontrolle. Im Zug sitzt mir ein Junge im Grundschulalter gegenüber und isst zwei Stunden lang schmatzend und genussvoll eine riesige Tüte Chips. Die Fahrt dauert zweieinhalb Stunden und ich bewundere die vorbei-ziehende Landschaft, die flach und trocken ist und teilweise aussieht wie eine verlassene Wüste mit vereinzelten Ruinen. Hin und wieder entdecke ich kleine Dörfer. Ich schaue aus dem Fenster und bin glücklich. Seit Barcelona bin ich im Reise-Modus angekommen. Es freut mich, dass ich dort so viele Leute kennengelernt habe. Das gehört für mich zum Reisen dazu, ohne Begegnungen fehlt etwas.

NÄCHSTER HALT:

Sevilla, Spanien

In Sevilla scheint die Sonne, es ist warm und die Stadt umhüllt mich mit lieblichem Orangenblüten-Duft. Vom Anblick des Placa de España bin ich überwältigt. Ein großes halbkreisförmiges Gebäude im Barock- und Renaissance-Stil umschließt den Platz, den ein mit bunt verschnörkelten Brücken gesäumter Kanal ziert. Es ist einer dieser Orte, an denen man bald aufhört Fotos zu machen, da diese niemals die eigentliche Schönheit des Ortes einfangen könnten.
Die Schönheit der Innenstadt ist für mich ebenfalls kaum zu fassen. Alles ist hell, freundlich und weitläufig. Die mediterrane Architektur und die warmen Farben erzeugen eine ganz eigene Atmosphäre. Am Abend esse ich Paella und bin glücklich, dass ich hergekommen bin. Mir fällt auf, dass mich immer ein bestimmtes Gefühl von Euphorie überkommt, wenn ich alleine einen neuen Ort erkunde. Vielleicht liegt es an der Spannung, an der Ungewissheit, was mich erwartet. Ich liebe dieses Gefühl. Für mich ist das pure Lebensfreude.

Bei einer kostenlosen Stadtführung lerne ich am nächsten Tag noch einmal neue Orte in Sevilla kennen. Die Stadtführerin Dina gestikuliert viel und spricht laut und mitreißend. Wir sehen uns die alte Tabakfabrik der Stadt an. In dem Gebäude mit seiner aufwändig verzierten Steinfassade befindet sich heute ein Teil der Universität – der wahrscheinlich schönste Studienort der Welt. Anschließend bestaunen wir die Santa Maria de la Sede, eine der größten gotischen Kathedralen der Welt, bummeln durch die Einkaufsstraßen und besteigen den „Mushroom“, eine helle lammellenartige Konstruktion, die an einen Pils erinnert und als Aussichtsplattform dient.

Der Passagier - Sevilla - Placa de Espana
Der Anblick des Plaza de España in Sevilla ist überwältigend.
Der Passagier - Sevilla - Innenstadt

Der ehemalige militärische Wachturm Torre del Oro beherbergt heute ein historisches Museum. Der Besuch lohnt sich, das Museum präsentiert die Geschichte der Stadt und vom Turm aus bietet sich eine schöne Aussicht auf Sevilla und den Fluss Guadalquivir, der direkt am Museum vorbei fließt. Die erste Weltumsegelung startete in Sevilla an genau diesem Fluss. Die Stadt galt im 16. Jahrhundert als eines der wichtigsten Handelszentren der westlichen Welt. Mit seiner Geschichte und Schönheit begeistert Sevilla mich nachhaltig, der Besuch der Stadt zählt zu den Höhepunkten meiner Reise.
Nach dem Museumsbesuch erinnere ich mich an Dinas Worte: »Please go and get lost. It’s a beautiful thing in Sevilla«. Genau das mache ich nun: Ich verliere mich in den Gassen der Stadt und entdecke keine einzige Ecke, die mir nicht gefällt. Ich fühle mich optimistisch, bin glücklich und zufrieden. Ich habe nicht bemerkt, wann genau es passiert ist, aber irgendwo in den Straßen Sevillas habe ich begonnen, mich wieder wie ich selbst zu fühlen. Ich selbst zu sein, so, wie ich eigentlich bin.
Dieser Ort, diese Reise hat mir dabei geholfen.

Der Passagier - Sevilla - Innenstadt
Stadtführungen bieten die perfekte Möglichkeit, um Orte vollkommen neu zu erkunden.
PORTUGAL

Lagos und Umgebung

Der Passagier - Küstenzug Algarve
Bei der Fahrt direkt entlang der Algarve lohnt sich der Blick aus dem Fenster.

Mit dem Flixbus geht es weiter nach Portugal, Faro, und von dort aus mit dem Zug nach Lagos. Der Zug ist alt und es gibt kein Internet. Das hat einen gewissen Charme, besonders weil bei der Aussicht aus dem Zugfenster auf die Algarve jeder Blick aufs Handy eine Verschwendung wäre. Wir fahren an der Küste entlang und ich bewundere das blaue Meer und die weiten Orangenbaumfelder: Dicht aneinandergereihte dunkelgrüne Bäume mit dicken orangefarbenen Tupfern ziehen an uns vorbei. Der Zug fährt langsam und hält oft an, Entschleunigung pur. Insgesamt dauert die Reise nach Lagos knapp fünf Stunden und das herauszufinden ist wegen der einen Stunde Zeitverschiebung zunächst verwirrender als gedacht.

Der Passagier - Lagos Hafen, Portugal
In Portugal herrscht Entschleunigung pur.

Portugal ist eines meiner Lieblingsländer. Hierher könnte ich nie zu oft kommen. In Lagos wohne ich im familiären Olive Hostel, das sich in einem Wohnhaus befindet. Die Besitzerin wohnt eine Etage über der Unterkunft. Ich nehme eine angenehme Hippie-Stimmung war, alle Bewohner sind entspannt und aufgeschlossen. Ich lerne direkt Leute kennen, das ist wahrscheinlich nirgendwo einfacher als hier. Ein Ire bietet mir Tee an. Gemeinsam mit ihm und Bethe aus den Niederlanden unternehme ich eine Küstenwanderung zum Leuchtturm. Wir laufen mehrere Strände entlang, vorbei an beeindruckenden Felsformationen in warmen Farben. Am Abend koche ich mit Nicki aus meinem Zimmer einen Gemüseeintopf im Hotel, den wir draußen bei Kerzenschein genießen. Ein schöner Tag!

Am nächsten Morgen mache ich einen Ausflug nach Olhão, eine sehenswerte Stadt mit kleinen Gässchen und zwei großen Markthallen am Hafen. In einer Halle wird Fisch, in der andere Obst und Gemüse verkauft. Hier sind weniger Touristen als in Lagos und alles wirkt ein bisschen authentischer. Zurück in Lagos esse ich im Hostel den restlichen Gemüseeintopf, unterhalte mich in der Küche mit zwei von der Sonne verbrannten Deutschen, die den Fishermen’s-Trail an der portugiesischen Küste entlang wandern, und falle erschöpft ins Bett.

NÄCHSTER HALT:

Lissabon, Portugal

Auf nach Lissabon! Ich steige einmal in Tunes um, fahre an grünen Landschaften vorbei und nehme schließlich ein Taxi in die Stadt. Der Taxifahrer spricht weder Englisch noch hat er ein Navigationsgerät. Nach einer Weile gibt er auf, er findet mein Hostel nicht. Er lässt mich in der Stadt raus und in finde den Weg mithilfe meines Handys.
Mit Nicki, die ich in Lagos kennengelernt habe, mache ich eine Stadtführung. Besonders schön finde ich die Alfama, einen Teil der Altstadt mit Blick aufs Meer. Beim Schlendern durch die Stadt entdecke ich später einen wunderbaren Aussichtspunkt – den Miradouro de Santa Catarina im Stadtteil Bairro Alto. Dort sitzen auf einer großen gestuften Aussichtsplattform viele junge Leute und Straßenmusiker spielen.
Die perfekte Urlaubsstimmung!
Abends gehen Nicki und ich Fisch essen und trinken danach einen Caipirinha in einer Bar, die sich auf einer der vielen Treppen in Lissabon befindet. Alle Besucher sitzen auf den Treppen, schlürfen Caipirinha und unterhalten sich ausgelassen. Schöner könnte mein Aufenthalt in Lissabon nicht enden.

Der Passagier - Lissabon Alfama
Pittoreske Ausblicke von der Alfama, einem Teil der Altstadt von Lissabon.
Der Passagier - Lissabon - Strassenbahn in Bairro Alto
Zu Lissabon gehören - natürlich! - die Straßenbahnen in Bairro Alto.
Der Passagier - Lissabon Oriente
Futuristische Architektur prägt den Bahnhof Lissabon Oriente.

Von Lissabon Oriente fahre ich mit dem Direktzug nach Porto Campanha. Der Bahnhof Lissabon Oriente sieht futuristisch aus. Das Gebäude ist über drei Stockwerke verteilt und ich brauche etwas Zeit, um mich zu orientieren. Zur Beruhigung kaufe ich mir eines meiner geliebten Salgados, eine Krokette mit Hähnchenfüllung, und eine Pastei de nata, ein leckeres Pudding-Törtchen.
Als ich am Gleis auf einer Bank auf meinen Zug warte, komme ich mit der Frau neben mir ins Gespräch. Sie ist Künstlerin, kommt aus Griechenland und wirkt witzig, aufgeschlossen und fröhlich. Ich glaube, sie ist ein sehr besonderer Mensch, sie strahlt die pure Lebensfreude aus. Nach Porto fährt sie, um ihren Liebhaber zu besuchen. Ich erzähle Ihr von meiner Entscheidung, meinen Job zu kündigen und auf Reisen zu gehen. Wir unterhalten uns nicht besonders lange – aber gut. Der Zug fährt viel zu bald ein und unterbricht unser Gespräch. Unsere Sitzplätze sind weit voneinander entfernt, sodass wir uns aus den Augen verlieren. Dafür habe ich den besten Sitzplatz: ein Einzelplatz am Ende des Wagons mit viel Platz direkt neben mir für meinen großen Rucksack. Die zweieinhalb­stündige Fahrt vergeht wie im Flug.

PORTUGAL

Letzte Station: Porto

Der Rezeptionist in meinem Hostel spricht mich auf meinen Vornamen an, den er besonders findet. Wir lachen gemeinsam darüber, dass seine Mutter, seine Tanten und auch die Mütter seiner Freunde alle Maria heißen. Vom Hostel aus erkunde ich die Innenstadt. Besonders unten am breiten türkisfarbenen Fluss Douro fühl ich mich wohl. Zu Abend esse ich in dem familiären Restaurant Novo Mundo. Neben mir war nur ein anderer Gast da. Der Kellner, ein betagter Mann mit Lachfalten, ist herzlich und sehr bemüht, sich mit mir zu verständigen. Ich verputze eine Suppe, die beste Dorade, die ich je gegessen habe, ein Dessert und einen viertel Liter Wein. Alles zusammen kostet nur 11 Euro! Ich bin begeistert, ein ganz klarer Tipp!

Am nächsten Tag ziehe ich meinen Bikini an und fahre mit dem Bus zum Strand. Porto hat schöne Strände und trotzdem ist überraschenderweise nur wenig los. Ich glaube, vielen Touristen ist nicht bewusst, dass Porto auch Strandurlaub bietet. Umso besser für mich! Zurück in der Innenstadt treffe ich mich mit Nicki und wir laufen gemeinsam über die Brücke Dom Luís, die so hoch ist, dass mir schwindlig wird. Das Bauwerk sieht aus wie der Eiffelturm in Brückenform. Kein Wunder – sie wurde von Théophile Seyrig entworfen, der zeitweise Gustave Eiffels Geschäftspartner war. Auf der anderen Seite der Brücke befindet sich ein kleiner Park, von dem aus wir den Blick auf Porto genießen. Es dämmert inzwischen und die Lichter der Stadt spiegeln sich im Fluss. Ein magischer Augenblick!

Der Passagier - Blick auf Porto
Ein Blick auf Porto von der anderen Seite des Douro lohnt sich - besonders auch mit der untergehenden Sonne.
Der Passagier - Porto Promenade
Der Passagier - Porto - Novo Mundo
Geheimtipp: Gutes, günstiges Essen gibt es im Novo Mundo in Porto

Am nächsten Morgen bricht mein letzter Tag in Porto an. Gemeinsam mit Nicki erlebe ich noch so viel wie möglich: Bei einer tollen Aussicht auf die Stadt trinken wir leckeren Kaffee im My Coffee Porto. Bei unserer anschließenden Stadtführung fasziniert mich besonders das Livario Lello, ein kleiner Buchladen, der aussieht wie eine Kulisse aus einem Harry Potter-Film. Am Abend besichtigen wird den berühmten Portwein-Keller Sandemann. Wir laufen an riesigen Eichenfässern mit altem Portwein vorbei. Es riecht angenehm süßlich, nach Holz und Alkohol. Danach probieren wir uns durch verschiedene Wein-Sorten. Etwas beschwipst kaufe ich eine Flasche von der Sorte Tawny. Zum Abschluss gehen wir noch einmal im Novo Mundo Fisch essen. Wir haben einen lustigen und leckeren Abend – ein guter Abschluss meiner Reise.

Es war eine wunderschöne Zeit, die ich nie vergessen werde. Europa ist unglaublich vielfältig. Ich bin glücklich, dass ich hier lebe und nur in den nächsten Zug steigen muss, um ein komplett neues Land zu entdecken. Diese Zeit unterwegs hat meinen Blick zurück auf das Wesentliche gelenkt: Es braucht nicht viel, um glücklich zu sein und das Leben zu genießen.

Der Passagier - Porto - Weinprobe
Weinprobe im berühmten Portwein-Keller Sandemann
Foto: Eurail
GEWINNSPIEL

EIN MONAT EUROPA

Der Passagier verlost Interrail Global-Pässe

Europaliebhaber, Zugreise-Enthusiasten, Abenteurer und Welten­bummler aufgepasst: Der Passagier schickt Sie auf Europareise! Hier erfahren Sie, wie Sie Ihren Namen in den Lostopf werfen, um mit einem digitalen Interrail Global-Pass und einer von Ihnen gewählten Begleitung für bis zu einen Monat durch Europa zu reisen.

Ein Croissant zum Frühstück in Paris, Sonnenbaden am italienischen Mittelmeer, Wandern in den Schweizer Alpen, eine lange Nacht in der Altstadt von Prag… Kaum lässt sich die Vielfalt Europas so greifbar und klimaschonend erleben wie mit dem Zug, der Ihnen nicht nur das Ziel zeigt, sondern den Weg dahin zum Erlebnis macht. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums von Interrail schickt auch Der Passagier vier Leserinnen und Leser auf Reisen und verlost in Kooperation mit der Deutschen Bahn zweimal zwei digitale Interrail Global-Pässe, die einen Monat lang für Fahrten in der 2. Klasse gelten. Wohin die Reise geht? Das ist ganz Ihnen überlassen. Eins steht fest: 33 teilnehmende Länder bieten Ihnen die Chance auf die Europareise Ihres Lebens!

Das Wichtigste in Kürze

So gewinnen Sie zwei von vier digitalen Interrail Global-Pässen

  • Wer teilnehmen darf: europäische Staatsbürger ab 18 Jahren
  • Wie Sie teilnehmen:
    – klassisch per Post: siehe Kontakt,
    – per E-Mail: verlosung@derpassagier.com
    – oder auf Instagram: @der_ passagier
  • Bis wann Sie teilnehmen können: 12. September 2022
  • Wann die Gewinner feststehen: 16. September 2022
  • Wie lange der digitale Interrail Pass gilt:
    bis zu 11 Monate nach Ausstellung*

50 Jahre Interrail

Freiheit, Freundschaft, Abenteuer: Dieses Motto verfolgt Interrail nun schon seit 50 Jahren. Heute erlauben es die Interrail-Pässe allen europäischen Staats­bürgern ungeachtet von früheren Altersbeschränkungen, die Vielfalt Europas in 33 Ländern zu erkunden und zu genießen. Mehr zur Geschichte und zum Reisen mit Interrail finden Sie unter bahn.de/interrail

*Teilnahmebedingungen: Veranstalter dieser Verlosung ist die Adrian Dinser Verlag GmbH (siehe auch Impressum), welche das Gewinnspiel in Zusammenarbeit mit dem Gewinnspielpartner, der Deutschen Bahn AG, durchführt. Der Gewinnspielpartner stellt die Preise für das Gewinnspiel. Mitarbeiter des Verlags und ihre Angehörigen sind von der Verlosung ausgeschlossen. Es ist nur eine einmalige Teilnahme möglich. Eine Teilnahme über Gewinnspiel- (Eintragungs-) Services ist nicht gestattet. Nicht teilnahmeberechtigte Personen sind nicht gewinnberechtigt. Die Barauszahlung des Gewinns ist nicht möglich. Der Gewinner / die Gewinnerin wird nach dem 16. September 2022 über seinen / ihren Gewinn benachrichtigt.

Datenschutz: Verantwortlicher ist die Adrian Dinser Verlag GmbH, Carl-Blos-Str.5, 77654 Offenburg. Den Datenschutzbeauftragten erreichen Sie unter dieser Adresse oder unter post@derpassagier.com. Wir speichern Ihre Daten nur so lange, wie es für die Durchführung des Gewinnspiels und die Bereitstellung des Gewinns notwendig ist und allein für diese Zwecke.