Zug der Ideen

Nächster Halt: Zukunft – Zu Besuch im Ideenzug

Text: Silvia Goics
Fotos: Andreas Wenck
Illustration: Stefan Hilberer
Arbeit, Entspannung, Sport und Unterhaltung! Das Zugfahren wird noch komfortabler und rückt die individuellen Bedürfnisse der Reisenden in den Fokus. Worauf wir uns dabei genau freuen können? Der Passagier begibt sich auf eine Entdeckungsreise und erlebt, was die Zukunft des Bahnfahrens bieten könnte…
Passagier - Zug der Ideen
Zu Besuch in der Zukunft des Zugreisens - Die Autorin ist sichtlich euphorisch!

Mein Herz schlägt schneller als sich die Glastüren geräuschlos zur Seite schieben. Wie ein auseinander­stiebender Vorhang geben sie den Blick auf die „Bühne“ frei. Vor mir eröffnet sich der weitläufige und hell beleuchtete Innenraum des Einstiegs­bereiches. Nur noch ein Schritt trennt mich von der Zukunft des Zugfahrens. Ich trete ein – und bin da, bzw. drin… Im Ideenzug der Deutschen Bahn, der sich in einer Industriehalle in Oberursel am Rande des Taunus befindet – nur siebzehn S-Bahnminuten hinter Frankfurt. Ein „richtiger“ Zug, der auf der Schiene von einem Ort zum anderen reisen kann, ist das 2017 fertiggestellte Modell aber nicht, sondern ein originalgetreues Anschauungsobjekt. Umgesetzt wurde das Projekt von der Südostbayernbahn gemein­sam mit dem Innovations­labor der Deutschen Bahn, der Münchener Design­agentur neomind und den Produkt­innovations- und IT-Abteilungen der DB Regio Zentrale. Zahlreiche Kunden­befragungen sind in das Projekt miteingeflossen. Rund 30 Industrie- und Technologie­hersteller erarbeiteten zusammen die Innen­ausstattung. Entstanden sind 22 Module, die sich auf den zwei Etagen des simulierten Doppelstock­wagons als buntes Ideenbuffet präsentieren. Kunden und interessierte Besucher können die Innovationen testen und erleben, was die Zukunft des Zugreisens in der Regionalbahn, aber auch in Fernverkehrs­zügen, zu bieten hat.

Der Passagier - DB Ideenzug
DB Ideenzug - Fahrradmitnahme
Der Passagier - Zug der Ideen
Clevere und platzsparende Konzepte für die Fahrrad­mitnahme erleichtern das Reisen (oben und unten links). Zudem werden verschiedenste Sitzkonzepte simuliert.

Christian Schaalo und Julian Fordon vom Marketing- und Kommunikationsteam des DB Ideenzuges begrüßen uns. Sie begleiten meinen Fotografen und mich durch das Objekt und erklären uns alles. „Mit dem Ideenzug wollen wir schon einmal einen ersten Ausblick geben, wohin die Reise gehen kann“, erklärt Fordon.
„Im Zuge der Verkehrswende wird aus unserer Sicht die Bahn und insbesondere der Regionalverkehr ein noch wichtigerer Baustein der Mobilität sein. Gerade in den Ballungszentren wird der Wunsch nach nutzbarer Reisezeit ein steigender Faktor, dem wir mit unterschiedlichen Konzepten begegnen wollen.“

Mit dem Ideenzug wollen wir schon einmal einen ersten Ausblick geben, wohin die Reise gehen kann.

Schaalo nickt zustimmend und ergänzt: „Wir glauben, dass in Zukunft die Individual­interessen noch ausgeprägter sein werden. Die Fahrgäste wollen nicht nur von A nach B kommen, sondern den Zug als Teil ihrer individuellen Reisekette gut vernetzt verstehen. Dazu gehören auch verbesserte Möglichkeiten zur Mitnahme von Fahrrädern oder ein breiter gestreutes Digitalangebot.“
Er deutet auf die Fahrradständer zu meiner Linken. Sie sind vertikal an der Wand angebracht und mit mechanischen Flaschen­zug­systemen ausgestattet. Zweiräder lassen sich so ohne größeren Kraftaufwand an den Wänden emporziehen und können platzsparend und sicher untergebracht werden. Auch Steckdosen befinden sich neben der Haltevor­richtung. Praktisch, denn so können E‑Scooter und E‑Bikes gleich wieder aufgeladen werden, so dass die Fahrt nach dem Ausstieg frisch „aufgetankt“ fortgesetzt werden kann.

Der Passagier - DB Ideenzug
Christian Schaalo und Julian Fordon vom Marketing- und Kommunikationsteam des DB Ideenzuges begleiten uns durch das Objekt und erklären uns alles.
Impressionen

EINDRÜCKE AUS DER ZUKUNFT

Die futuristisch wirkenden Ruhekojen laden zu einem kleinen Nickerchen ein.
Ideal für Familien und Freunde auf Reisens sind die Sitzabteile mit hohen Rückenlehnen.
Einzelkabinen ermöglichen das ungestörte Arbeiten unterwegs.
Umfangreiche Anzeigen mit Wegleitsystem informieren den Fahrgast.
Privatsphäre per Knopfdruck? Auch das ist dank ausfahrbarer Milchglasscheiben im Zug der Zukunft möglich.
Diese schallgedämmten Ruhesessel sind sogar drehbar.
Der Passagier - DB Ideenzug Fitnessraum
Neben dem Eingangsbereich befindet sich ein Fitnessstudio mit modernen Spinning-Rädern zwischen rotleuchtenden LED-Lichtelementen…

„Luftschlösser“ dienen als Ideenanstöße für weitere, umsetzbare Konzepte.

Neben mir leuchtet das Wegeleitsystem. Digitale Infotafeln weisen den Weg zum Platz und versorgen den Fahrgast mit Informationen zur Fahrt und zum Umstieg am nächsten Bahnhof. Während ich die blinkenden Anzeigen begutachte, entdecke ich im Augenwinkel bereits das nächste Highlight, das mich köstlich amüsiert. Neben dem Eingangsbereich befindet sich ein Fitnessstudio mit modernen Spinning-Rädern zwischen rotleuchtenden LED-Lichtelementen. Auch eine Yogakabine ist vor Ort. So lässt sich eine kleine Sporteinheit auf dem Nachhauseweg unterbringen. Sogar Faszienrollen und ein digitaler Bildschirm-Coach sind zur Stelle. Ich staune was zukünftig wohl alles möglich sein wird.
Schaalo und Fordon erklären jedoch, dass es sich bei einigen Ideen leider nur um Studien handelt, deren Umsetzung vorerst unrealistisch ist. Dennoch dienen diese „Luftschlösser“ als Ideenanstöße für weitere, umsetzbare Konzepte.

Der Ideenzug kann nach Anmeldung mit einer oder mehreren Gruppen (ca. 8 bis 12 Personen je Gruppe) besichtigt werden.

Weitere Infos unter: www.ideenzug.de

Der Passagier - DB Ideenzug Workspace
Der Passagier - DB Ideenzug Kinderabteil
Das Spielparadies mit Kletterseilen, Holzspielzeug und Märchenecke dürfte sich bei kleinen Fahrgäste größter Beliebtheit erfreuen.

Das fühlt sich definitiv nach Zukunft an.

Beeindruckt drehe ich mich um und setzte meinen Spaziergang mit den beiden „Ideengebern“ durch den Zug der Zukunft fort. Ich entdecke Klappsitze, Stehstützen und Tische, die nach Bedarf aus- und eingeklappt werden können. Dann geht es vorbei an einer langen Arbeitstheke und einem riesigen Flachbildschirm, auf dem der Fahrgast der Zukunft Nachrichten, Fußballspiele oder Dokumentationen mitverfolgen kann. Der Dining-Bereich, der einem amerikanischen Highway-Diner nach­empfunden wurde, wartet mit bequemen Sitzbänken auf.
Darunter lassen sich Gepäckstücke mühelos verstauen. Das ist gut, denn so entfällt das mühselige Kofferbalancieren über fremden Köpfen. Auf den Tischen entdecke ich integrierte Tablet-Stellflächen und induktive Aufladefelder für Smartphones.
Ich blicke um mich… das fühlt sich definitiv nach Zukunft an. Auch an den kleinen Hunger wurde gedacht. Automaten halten eine Auswahl an Leckerbissen, z.B. Gebäck, sowie heiße und kalte Getränke bereit. Weiter hinten gibt es ein Abteil für Großfamilien und Gruppenreisende mit viel Platz für geselliges Zusammensitzen sowie ein Spielparadies für kleine Fahrgäste. Die Ausstattung mit Kletterseilen, Holzspielzeug und Märchenecke dürfte sich bei Kindern größter Beliebtheit erfreuen.

Viele Ideen wurden vor allem für den Regionalbereich und für kürzere Fahrten, wie das tägliche Pendeln zur Arbeit, durchdacht. Aber auch für den Fernverkehr gibt es interessante Umsetzungen, was den Passagier natürlich besonders interessiert. Auf in die zweite Etage…

Magazin

Ausgabe #01 - Sehnsucht

Den ganzen Artikel lesen Sie in der Erst­ausgabe Sehnsucht, die am 23. September 2021 erschien. Erhältlich in Bahnhofsbuch­handlungen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg, im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder online.

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