Semmering - Höllentalbahn

Unterwegs auf schmaler Spur zwischen Semmering und Rax

Text & Fotos: Niklas Hoth
Wer nach einer Verbindung mit dem Regionalverkehr von Wien über den Semmering sucht, der wird sehr schnell auf „Payerbach-Reichenau“ stoßen. Es ist der Bahnhof, an dem alle Fahrgäste umsteigen müssen, denn die halbstündlichen (unter der Woche) bzw. stündlichen (am Wochenende) Regionalexpress-Züge aus Wien enden allesamt hier.
Der Passagier - Höllentalbahn - Semmering

Der Grund ist ein simpler: Die Regionalexpresse werden mit Doppelstockwagen gefahren und diese hohen Wagen dürften aufgrund ihres Lichtraumprofiles die weitere Semmeringbahn mit vielen den Tunnels nicht befahren. Alle zwei Stunden pendelt deshalb ein einstöckiger Triebwagen als Regionalzug zwischen Payerbach-Reichenau und Mürzzuschlag. Die Anschlüsse in Payerbach-Reichenau sind aufeinander abgestimmt, aber nicht zuletzt, weil man hier sowieso den Zug wechseln muss, lohnt es sich, noch eine andere besondere Zugfahrt einzuschieben.

Unweit des ÖBB-Bahnhofs, rechts der Gleise der Semmeringbahn, befindet sich nämlich der Bahnhof „Payerbach“ der Höllentalbahn. Dabei handelt es sich um eine Schmal­spurbahn, die elektrisch betrieben wird und auf ca. fünf Kilometern bis nach Hirschwang führt, am Fuße der Rax.

Der Passagier - Höllentalbahn - Semmering
Bahnhof Payerbach Lokalbahn – im Hintergrund ist der ÖBB-Bahnhof Payerbach-Reichenau sichtbar.

Die Bahn wurde 1918 als elektrische Materialbahn eröffnet, die eine Papierfabrik mit der Semmeringbahn verbinden sollte. Wenige Jahre später wurde sie zur Lokalbahn mit Personenverkehr umgebaut. Die neu eröffnete Seilbahn auf die Rax und der Tourismus brachten Fahrgäste – bis in die 60er Jahre. Damals wären hohe Investitionen nötig gewesen. So wurde der Personenverkehr eingestellt und Busse brachten die Touristen fortan zur Talstation der Rax-Seilbahn.

Ende der 70er gründete sich der Verein „Österreichische Gesellschaft für Lokalbahnen“ der seitdem an Wochenenden einen Museumsbahnbetrieb auf der Strecke durchführt. Dafür wurden und werden bis heute von Ehrenamtlichen in der Freizeit die Fahrzeuge und die Infrastruktur gepflegt. Im Sommer 2022 ist die Bahn jeden Sonn- und Feiertag in Betrieb. Es verkehren vier Zugpaare.

Der Passagier - Höllentalbahn - Semmering
Die ersten Meter verlaufen die Gleise der Lokalbahn parallel zu denen der Semmeringbahn.

Fahrt im historischen Triebwagen

Ich nehme im Frühzug mit der Abfahrt um 10.25 Uhr Platz. Der Zug besteht aus einem Triebwagen und einem Beiwagen. Beide Wagen sind aus Holz, sehr gut gepflegt und auch die Fenster lassen sich weit öffnen – perfekt für Fotos und für warme Tage.

Kurz nach der Abfahrt gibt es einen schönen Blick auf die Semmering­bahn und das Schwarzatal-Viadukt. Die Fahrt von Payerbach über Reichenau (bei beiden Orten handelt es sich um eigenständige Gemeinden, nur der ÖBB-Bahnhof trägt den Doppelnamen mit beiden Ortsnamen) bis Hirschwang dauert 25 Minuten und ist sehr kurzweilig. Erst geht es durch den Wald, dann geht es entlang der Schwarza: Die Landschaft ist herrlich und so lohnt sich die Mitfahrt auf jeden Fall auch für alle, die sich nicht sonderlich für diese historische Eisenbahn interes­sieren. Bei Reichenau gibt es zudem eine Art Schleife, um einen Graben zu umfahren und Höhe zu verlieren.

Der Passagier - Höllentalbahn - Semmering
Der Passagier - Höllentalbahn - Semmering
Strecke bei Hirschwang.

Dass ich den frühen Zug auf der Höllentalbahn genommen habe, hat einen großen Vorteil: Es gibt nun in Hirschwang vor der Rückfahrt noch eine Führung durch die Remise. Wir bekommen die Fahrzeuge gezeigt, die für die Instandhaltung der Strecke gebraucht werden und sonstige Fahrzeuge, die der Verein noch besitzt und die teilweise noch fit gemacht werden sollen. Fast alles mutet historisch an, auch die Remise selbst und es beeindruckt mich umso mehr, dass hier allein Ehrenamtliche „den Laden schmeißen“, die übrigens eine extra Ausbildung bei der „großen“ Bahn machen mussten, um hier einen Eisenbahn­betrieb durchführen zu dürfen. Während Ihrer Arbeit auf dem Zug tragen sie zudem teilweise auch historische Uniformen.

Nach der Führung steht der Zug für die Rückfahrt bereit. Der Triebwagen hat den Beiwagen umfahren ist nun auf der anderen Seite vor den Beiwagen gespannt. Jetzt, auf der Rückfahrt, gibt es noch eine Fahrt­unterbrechung in Reichenau, am Mittelpunkt der Strecke. Hier steht das elektrische Umformerwerk. Auch hier gibt es eine Führung mit vielen interessanten Erklärungen, wie der elektrische Bahnbetrieb einst und heute funktioniert. Heutzutage wird der Strom für die Strecke aus dem Netz des örtlichen Energieversorgers in die Fahrleitung eingespeist. Früher gab es für die Bahn aber extra ein eigenes kleines Wasser­kraftwerk. Im Umformerwerk kann man daher neben der aktuellen, auch noch die Technik von damals bewundern, die nicht mehr in Betrieb ist, mit der aber teilweise noch einige der früheren elektronischen Vorgänge demonstriert werden können.

Der Zugbegleiter pfeift zur Abfahrt und nach der Fahrt über die Schleife und dem Halt am Haltepunkt „Kurhaus“ geht es zurück durch den Wald nach Payerbach.

Begleiten Sie Niklas Hoth auch auf den Bahnwanderweg.

Niklas Hoth

Über den Autor

Den Wahl-Kölner Niklas Hoth darf man zweifelsohne einen erfahrenen Zugreisenden nennen. Wenn Niklas Hoth nicht mit dem Zug reist, arbeitet der ausgebildete Journalist für den Radiosender WDR2. Auf seinem Blog www.auf-schiene.de berichtet er regelmäßig von seinen zahlreichen spannenden Reisen auf Schienen.